Machen uns Social Media zu Verbrechern? Keynote von Stefan Karlhuber am eFuture-Day 2015

Tiroler Bildungsservice - TiBS - Mo., 20.04.2015 - 08:38
Stefan KarlhuberDieter DraxlDieter Draxl(c)

Text: Dieter Draxl

MMag. Stefan Karlhuber ist Universitätslektor an der Universität Salzburg und unterrichtet auch an der Pädagogischen Hochschule. Er ist Fachmann für eSkills und Social Media.

In seiner Keynote informierte er beim eFuture Day 2015 am Grillhof in Vill am 15. April 2015 kurz und bündig und interessant aufbereitet über wichtige Einzelheiten der derzeitigen Rechtslage zur Nutzung von digitalen Inhalten auf Social Media-Plattformen wie Facebook, What'sApp, Blogs und eigenen Websites.

Im Zentrum des Vortrags standen die provokanten Aussagen wie "Jede Person, die im Internet arbeitet und es auch benützt, begeht eine Urheberrechtsverletzung" und "Macht die derzeitige Rechtslage die Verwendung von Social Media unmöglich?". Lässt man sich von einem Juristen beraten, dann erhält man in den meisten Fällen folgende Antwort:

Das müsste man sich genauer ansehen. Es kommt drauf an.

Am Beispiel "Bildersuche mit Google" wird deutlich, dass das ominöse "Images may be subject to copyright" IMMER gilt und immer Urheberrechte zu beachten sind. Das Recht des Users ist ausschließlich das Recht auf private Nutzung. Selbst die Projektion eines geschützten Bildes ist eine Urheberrechtsverletzung, denn sie wird als Kopie gewertet. Erst 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers erlischt das Copyright. So lange kann man selten warten. 

So ist es in geschlossenem Unterricht für einen eingeschränkten Personenkreis - sprich Schüler_innen möglich, Bilder zu nutzen und sogar zu vervielfältigen, solange keine Veröffentlichung damit verbunden ist.

Was bleibt ist

  • entweder eine Lizenz vom Urheber zu erwerben
  • notwendige Inhalte selbst zu erschaffen
  • Creative Commons Licence-Produkte zu verwenden (CC-Lizenz)
  • die Form des "Einbettens, also des Embeddings" zu nutzen.


Doch auch bei der Nutzung einer CC-Lizenz gibt es Einiges zu beachten. Anhand der dem Produkt zugeordneten Symbole kann man die Art der Lizenzierung erkennen. Wie darf die Weitergabe erfolgen? Darf man z.B. das Bild auch kommerziell nutzen? Ist eine Weiterbearbeitung verboten?

Folgende Lizenzarten werden den Werken zugeordnet:

  • Namensnennung CC BY
  • Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen CC BY-SA
  • Namensnennung - Keine Bearbeitung CC BY-ND
  • Namensnennung - Nicht kommerziell CC BY-NC
  • Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen CC BY-NC-SA
  • Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung CC BY-NC-ND


Eine weitere offene Plattform ist archive.org oder die Suche nach Inhalten unter dem Terminus OER (Open Educational Ressources) bzw. CC-Lizenz-Bildersuche bei "flickr". Doch auch hier sollte man nach erfolgreicher Suche vorsichtig sein und Kleingedrucktes beachten. Ist eine Bearbeitung erlaubt? Steckt ein "commercial purpose" dahinter? Was ist überhaupt eine Bearbeitung? Bearbeite ich ein Bild, wenn ich es digital vergößere oder verkleinere, also skaliere? Darf ich ein CC-lizenziertes Musikstück mit einem Video ergänzen? 

Selbst juristisch ausgebildete Expert_innen bei Wikimedia "kommen sich in die Haare" bei der Suche nach "Wahrheiten im Rechtsdschungel", z.B. bei der Frage, ob das Fotografieren eines Bildes eine Vervielfältigung ist. (CC-Lizenztextlesung auf YouTube). Selbst wenn man eindeutig frei lizenzierte Bilder verwendet, kann man in Teufel's Mühle gelangen, nämlich dann, wenn auf dem Abbild die Persönlichkeitsrechte verletzt werden, das "Recht am eigenen Bild".

Beim Ankauf von Bildern (z.B. Fotalia) ist anzuraten, auf sogenannte "Unterlizenzierung" zu achten. Ist dieser Passus in der Lizenz, nämlich das Verbot einer Unterlizenzierung, dann darf trotz Ankauf das Bild z.B. nicht auf eine Social Media-Plattform gestellt werden. Womit eine weitere, nicht allen Usern bekannte Tatsache publik wird. Alle auf Facebook veröffentlichten Inhalte gehen automatisch in die Lizenzgebarung von Facebook über. Dies geschieht ebenso bei Twitter und bei der neuen Streaming-Plattform YouNow, die sich sogar für alle Zukunft dieses Recht zur Weiterverbreitung inklusive Gewinnschöpfung herausnimmt (So ist eben Kleingedrucktes!).

In Folge der Weiterentwicklung der Neuen Medien werden seit einigen Jahren neue Techniken angewendet, um Inhalte mit anderen Nutzern zu teilen. "Mitmachwebs" und "User generated Content" füllen die Serverfarmen. Darf ich ein YouTube-Video von TED teilen? Darf ich Inhalte von Magazinen bzw. über FLIPBOARD in mein persönliches Magazin einbauen oder auf PINTEREST stellen? 

Nach einer juridischen Entscheidung des EuGH vom 21. Oktober 2014 ist "Embedding" in Social Media-Seiten oder eigene Websites erlaubt, meistens jedenfalls. Ausgenommen von dieser Rechtsprechung sind 

  • Inline-Links
  • rechtswidrige Inhalte
  • Inhalte, bei denen Sperren umgangen worden sind
  • Inhalte zum Zwecke von wirtschaftlicher Ausbeutung


Das Einbetten von HTML-CODE zur Darstellung von Inhalten wie z.B. eines YouTube-Videos ist also jedem Facebook-Nutzer oder Twitter-User gestattet - er/sie wird nicht mit dem Gesetz in Konflikt kommen und ist daher KEIN URHEBERRECHTSVERLETZER und KEIN VERBRECHER. Lädt er/sie aber dieses Video mit einem Tool auf seinen Datenträger, dann ist es bereits geschehen, das VERBOTENE. Das widerfuhr den Mitgliedern der Wiener ÖVP, die Bilder eines Standard-Fotografen twitterten, diese heruntergeladen und wieder in ihren Tweet upgeloadet hatten. Mit "Embedding" twittert man "rechtssicherer".

Alles in allem lassen sich für Lehrer_innen die Aussagen von Stefan Karlhuber in 3 Sätzen zusammenfassen:

  • Wer keine Medienkompetenz besitzt, wird früher oder später ins Fettnäpfchen treten.
  • Schüler_innen müssen unbedingt für die Problematik von Urheberrechtsverletzungen sensibilisiert werden.
  • Jeder User muss sich selbst zwischen subjektivem Nutzen und bestehenden Risiken entscheiden. Eigenverantwortung ist auch hier gefragt.

 

Weblinks: