Krank, aber dennoch als Avatar im Unterricht dabei

Abbild eines Avatars AV1Noisolation.comcommons.wikimedia.org/wiki/File:AV1.jpg?uselang=de-atCC BY-SA 4.0

Es kommt immer wieder vor, dass Kinder und Jugendliche dem Unterricht krankheitsbedingt fernbleiben müssen. In der Regel denkt man dabei an Grippe, sogenannte Kinderkrankheiten oder dergleichen und die Kinder sind nach ein paar Tagen oder Wochen wieder gesund und nehmen erneut am Klassenleben teil. Aber was ist mit jenen Kindern und Jugendlichen, deren Erkrankungen schwerwiegender sind und die längere Zeit nicht am Unterrichtsgeschehen teilnehmen können, weil sie etwa stationär in einem Krankenhaus aufgenommen wurden?

Der Unterricht

Diese Kinder erhalten in der Regel - wenn es ihr Gesundheitszustand zulässt - sehr wohl einen Unterricht. Meist erfolgt dies auf eine der 3 folgenden Arten:

  • Klassenkamerad_innen kümmern sich darum, dass ihre abwesenden Mitschüler_innen entsprechende Unterlagen erhalten und somit weiterhin mitlernen können. Dies ist oft der Fall, wenn die Abwesenheit nicht allzu lange dauert.
  • Klassenlehrer_innen übernehmen weiterhin den Unterricht der betroffenen Schüler_innen, in dem sie diesen entsprechende Unterlagen zukommen lassen und im Bedarfsfall auch Prüfungen abnehmen. Dies ist oft der Fall, wenn Schüler_innen zwar länger ausfallen, es ihnen aber prinzipiell immer wieder möglich ist zu lernen, ein Schulbesuch jedoch aufgrund einer erhöhten Infektionsgefahr nicht möglich ist.
  • Eigene Lehrpersonen übernehmen den Unterricht abgestimmt auf den jeweiligen gesundheitlichen Zustand der Schüler_innen. Dies ist oft der Fall, wenn Kinder oder Jugendliche für lange Zeit stationär in einem Krankenhaus oder einer Krankenanstalt aufgenommen werden müssen.

Fehlende soziale Kontakte

Die oben beschriebenen drei Möglichkeiten ermöglichen zwar, dass die abwesenden Schüler_innen Unterrichtsinhalte mit- bzw. nachlernen können und somit gegenüber ihren Mitschüler_innen in dieser Hinsicht nicht allzu weit zurückfallen. Aber was bei all diesen Möglichkeiten zu kurz kommt, ist die soziale Komponente, da der Kontakt mit den Mitschüler_innen im Klassenverband fehlt. Aber auch hier gibt es mittlerweile Möglichkeiten, die dieses Problem zumindest ein bisschen lindern können.

Roboter gehen in die Schule

Roboter könnten hier eine Möglichkeit sein, damit Kinder und Jugendliche wieder im Klassenverband dabei sein können. Sie könnten als Avatare am Unterrichtsgeschehen teilnehmen, gesteuert von den betroffenen Patient_innen. Und genau das wird bereits erprobt. Der Avatar eines Projekts in Deutschland heißt AV1, ist ca. 27 cm groß, 1 kg schwer, hat keine Arme und Beine, dafür aber Kamera, Lautsprecher und Mikrofon, die mittels Tablet oder Smartphone von den Patient_innen bedient werden. Aufgrund der Größe und des Gewichts kann und soll er von den Mitschüler_innen überallhin mitgenommen werden, womit die Patient_innen auch überall dabei wären. Der Roboter eines Projekts in der Schweiz heißt Nao. Dieser ist mit knapp 60 Zentimetern größer und mit 3,4 kg schwerer als sein Pendant. Dafür hat er aber Arme und Beine und kann somit auch Bewegungen ausführen, also etwa mitturnen und tanzen. Beide Avatare werden durch Akkus betrieben, die eine lange Laufzeit haben und bei Bedarf problemlos an einer Steckdose zwischendurch einmal aufgeladen werden können.

Kosten

Diese Technik ist leider nicht kostenlos und somit ist der Einsatz solcher Avatare mit Kosten verbunden, die aber oft durch Krankenkassen oder Sponsoren gedeckt werden können. Der AV1 kann gemietet werden (Kosten anscheinend so um die 300 Euro pro Monat). Den Nao scheint es nur als Kaufversion zu geben (Kosten anscheinend so um 21.500 Euro), was ihn wohl nur für Institutionen leistbar macht, die ihn dann aber natürlich wieder vermieten könnten.

Verbreitung

Von den Avataren AV1 sollen bereits 400 Stück in Norwegen, Schweden, Dänemark, Großbritannien und den Niederlanden und jetzt neu eben auch in Deutschland im Einsatz sein. Vom Schweizer Modell Nao sollen ca. 25 Stück im Einsatz sein.

Vorteile

Mit Hilfe der Avatare sollen Patent_innen den Kontakt zu ihren Mitschüler_innen aufrecht erhalten und weiterhin am Unterrichtsgeschehen teilnehmen können. Dabei sollen die Avatare immer mitgenommen werden können, weshalb v.a. der AV1 auch so klein und handlich ist. Die Akzeptanz der Avatare bei den Kindern (und zwar sowohl jene der Patient_innen als auch der Mitschüler_innen) war laut Erfahrungsberichten aus den Tests sehr gut. Teilweise wurden die Avatare sogar von Eltern mit nach Hause genommen, um Patient_innen, die stationär in einem Krankenhaus aufgenommen werden mussten, den Kontakt zur Familie auch außerhalb von Besuchszeiten zu ermöglichen.

Bedenken

Neben den Bedenken, dass ein Avatar nie ein Ersatz für menschlichen Kontakt sein kann, sehen Kritiker vor allem die Gefahr, dass mittels der Avatare jene Lehrpersonen eingespart werden sollen, die jetzt für den Unterricht in Krankenhäusern zuständig sind.

Fazit

Avatare sind sicher kein vollwertiger Ersatz für menschliche Interaktion, aber sie ermöglichen doch Patient_innen in gewisser Weise weiterhin an einem normalen Leben teilzunehmen. Und genau das ist es, was für Patient_innen sehr wertvoll sein kann. Denn Abgeschiedenheit mag zwar Ruhe bringen, die für die Genesung wichtig ist, aber der Kontakt zu anderen Personen, auch wenn er nur mittels eines Avatars erfolgt, ist oft ebenso wichtig. Mediziner_innen sprechen dabei von der Stärkung der Resilienz, der psychischen Widerstandsfähigkeit, die für Patient_innen sehr wichtig ist und oft der entscheidende Faktor für eine Genesung sein kann. Wenn Avatare einen Beitrag zur Genesung leisten können, so sollte dies bei Interesse der betroffenen Patient_innen auch genützt werden können. Wer jetzt an die Kosten denkt, dem sei gesagt, dass es weitaus teurere Therapieformen gibt. Einmal ganz davon abgesehen, dass jedes Leben unbezahlbar ist.

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