Schach, Go, Poker - Mensch gegen Computer (künstliche Intelligenz)

In der Mitte ein Kopf, linke Hälfte menschlich gezeichnet, die rechte Hälfte als Roboter. Links davon ein Roboterarm mit ausgestrecktem Finger, rechts ein menschlicher Arm mit ausgestrecktem Finger. Beide zeigen auf den Kopf.geraltpixabay.com/de/hand-roboter-mensch-maschine-1571849CC0

Lange Zeit war - und ist es noch immer - der Mensch das Wesen, das die Erde beherrschte, ganz nach dem Motto "machet euch die Erde untertan". So eroberte er neue Gebiete und passte sich neuen Gegebenheiten und Situationen an, indem neue Technologien erfunden wurde. Vom Feuermachen über das Rad wurde die Entwicklung immer weiter vorangetrieben, bis Geräte entwickelt wurden, die dem Menschen zuerst einmal monotone Rechenarbeiten abnehmen sollten - Rechenmaschinen. Aber schnell war klar, dass diese Geräte auch mehr leisten könnten als nur Rechenoperationen durchzuführen. Es bedurfte eines weiteren Fortschritts.

Künstliche Intelligenz

Mit dem Aufkommen von Computern und computerbasierten Geräten war es natürlich auch notwendig, diese dazu zu bewegen, die zugewiesenen Aufgaben zu erledigen. Dies geschah und geschieht in der Regel durch Programmierung, die oft einen entscheidenden Nachteil aufweist: sie kommt nur sehr schlecht mit neuen unerwarteten Situation zurecht. Vor diesem Hintergrund entwickelte sich schnell der Wunsch nach einer möglichen Programmierung, die selbst Entscheidungen treffen und bewerten kann - ganz wie wir Menschen. So versuchte und versucht man also die menschliche Intelligenz nachzubilden um den technischen Geräten auch eine Art Intelligenz zu geben -  der Begriff künstliche Intelligenz entstand. Technische Geräte mit künstlicher Intelligenz sollten somit in der Lage sein Probleme eigenständig zu bearbeiten. Schnell stellte sich bei der Entwicklung die Frage, wie man testen könnte, ob eine entwickelte künstliche Intelligenz auch wirklich unbekannte Probleme gut - im Idealfall sogar besser als der Mensch - lösen kann. Dafür kristallisierten sich im Laufe der Zeit verschiedenen Ansätze heraus, wovon einer vor allem medienwirksam bekannt wurde: man versuchte Computer(programme) zu entwickeln, die in der Lage wären, Menschen in bekannten und komplexen Spielen zu besiegen. So geriet recht schnell das bekannte und weit verbreitete Spiel Schach in den Fokus der (medialen) Aufmerksamkeit.

Schach

Das strategische Brettspiel Schach ist weit verbreitet und gilt aufgrund der zahlreichen Kombinationen von Zügen als sehr anspruchsvoll. Um dieses Spiel zu meistern, muss man viele Züge (mit den entsprechenden Reaktionen des Gegenspielers) vorausplanen und auch auf - absichtlich oder unabsichtlich - überraschende Züge reagieren können. Ideale Voraussetzungen also, um die künstliche Intelligenz von Computern zu testen, denn ein stur nach Programmierung spielender Computer wäre von einem Menschen wohl durch gezielte scheinbar unlogische Züge schnell aus dem Konzept (sprich der Programmierung) zu bringen. So entwickelten Techniker und Programmierer immer leistungsfähigere Computer mit immer besseren Algorithmen, die gegen immer stärkere menschliche Gegner antraten, bis das Ganze im Jahr 1997 in einem Showdown zwischen dem damals amtierenden Schachweltmeister Garri Kasparov und dem von IBM entwickelten und programmierten Computer Deep Blue gipfelte. Und da geschah das bis dahin undenkbare: Deep Blue setzte sich in einem auf 6 Partien angesetzten Wettkampf unter Turnierbedingungen gegen den Schachweltmeister durch - der weltbeste Schachspieler wurde von einem Computer besiegt. Deep Blue schaffte diesen Erfolg durch seine für damalige Verhältnisse enorme Leistungskraft und durch die Tatsache dass für die Programmierung alle bisher von Kasparov bei Turnieren gespielten Partien einflossen. Es konnte somit erstmals gezeigt werden, dass Computer Menschen auch in komplexen (Spiel)situationen überlegen sein konnten.

Es war Zeit für neue Herausforderungen. Diese neuen Herausforderungen fand man in einem weiteren strategischen Brettspiel: Go

Go

Go stammte ursprünglich aus China und gilt als das komplexeste Strategiespiel - noch weit komplexer als Schach. Pro Zug gibt es bei Go, wenn es auf einem Feld der Größe 19x19 gespielt wird, durchschnittlich 200 Möglichkeiten, womit man nach 2 Zügen bereits bei 40.000 Möglichkeiten wäre (2002), nach 4 Zügen bei 1,6 Milliarden (2004). Hier war also schon mehr Aufwand nötig, damit ein Computer gegen menschliche Gegner mithalten konnte, aber auch diese Herausforderung konnte letztendlich bewältigt werden. Im März 2016 besiegte die von Google entwickelte künstliche Intelligenz AlphaGo den mehrfachen Weltmeister Lee Sedol in einem auf 5 Spiele angesetzten Wettkampf 4:1. So wie einst Deep Blue als reiner Schachcomputer programmiert wurde, wurde auch AlphaGo nur darauf ausgerichtet, erfolgreich Go zu spielen, was letztendlich auch eindrucksvoll gelang.

Seit 2016 sind Computer somit in den komplexesten Brettspielen den Menschen überlegen - zumindest speziell programmierte Computer. Aber wie würden sich Computer im Vergleich mit Menschen schlagen, wenn zur strategischen Komponente noch eine weitere hinzukommen würde? Wenn etwa nicht alle Informationen vorliegen und man somit darauf angewiesen ist mit unvollständigen Informationen Entscheidungen zu treffen und im Fall eines Spiel, wo ja dann niemand vollständige Informationen besitzt, den Sieg auch durch Täuschen und Bluffen zu erringen? Dies kommt dem realen Leben auch näher, als ein zwar strategisch anspruchsvolles aber letztlich doch überschaubares Spiel, bei dem alle möglichen Informationen vorliegen. Ein solches Spiel ist etwa Poker.

Poker

Egal welche Variante von Poker man spielt, man kennt üblicherweise nur die eigenen und je nach Variante viele oder wenige offen aufgelegte Karten. Die Karten der Gegenspieler sowie alle nicht im aktuellen Spiel benötigten Karten bleiben unbekannt. Man muss also mit den wenigen zur Verfügung stehenden Informationen das Bestmögliche aus der jeweiligen Spielsituation herausholen und durch richtiges Taktieren und Bluffen sein eigenes Kapital vermehren und danach Trachten jenes der Mitspieler_innen zu minimieren, bis es zur Gänze in den eigenen Besitz übergegangen ist. Ein Computer, der einen menschlichen Mitspieler besiegen möchte, muss also mehr können, als nur Gewinnwahrscheinlichkeiten auszurechnen und stur danach zu handeln. So blickte man gespannt auf ein Turnier in Pittsburgh zu Beginn des Jahres 2017, als die Software Libratus in einem 20-tägigen Pokerturnier, in dem nach der Variante "Texas Hold'em" gespielt wurde, auf vier der weltbesten Pokerspieler traf. Und wie schon bei den Auseinandersetzungen in Schach und Go vorher, gelang es auch hier, dass die Software am Ende als Sieger hervorging. Dabei zeigte sich, dass die Software durchaus in der Lage war zu bluffen und von den Gegnern zu lernen (dies geschah immer abends, als die Spiele des Tages durch einen Metaalgorithmus analysiert wurden und die Software dementsprechend angepasst wurde). Ein weiterer Schritt hin zu künstlicher Intelligenz war vollbracht.

Fazit und Ausblick

Bisher handelte es sich immer um speziell entwickelte Computer bzw. Software, die bei den medienwirksamen Events gegen die Besten ihrer Zunft siegreich waren. Doch damit wurde zumindest schon einmal gezeigt, dass es möglich ist, Computern Fähigkeiten beizubringen, die man bisher nur der menschlichen Intelligenz zugeschrieben hat. Und der technische Fortschritt wird immer mehr möglich machen. So entwickelte etwa Matthew Lai, Computerforscher am Imperial College in London, eine künstliche Intelligenz mit simuliertem neuronalen Netzwerk namens Giraffe. Giraffe wurde mit zahlreichen Zufallspositionen und einer Sammlung von zulässigen Zügen ausgestattet und musste dann gegen sich selbst spielen. Dabei lernte Giraffe selbstständig wichtige Elemente und Strategien des Schachspiels und erreichte nach nur 3 Tagen ein Spielniveau, mit dem es gegen 98% der Turnierspieler_innen siegreich wäre. Man kann also gespannt sein, wie die Entwicklung der künstlichen Intelligenz weiter voranschreitet. Bei aller Liebe zur Technik und allen Vorteilen, die künstliche Intelligenz bringen kann, hoffe ich aber dennoch, dass dieser Fortschritt nicht über gewisse Grenzen hinausgeht. Eine Welt, in der Computer die Herrschaft über die Menschheit übernommen haben, gehört nämlich sicher nicht zu meinen Wunschvorstellungen. Solche Welten gibt es schon zu Genüge in der Science Fiction Literatur und genau da sollen sie auch bleiben.

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