Erfahrungsbericht: ChatGPT im Unterricht

Kerstin Kuba-Nimmrichter - Do., 20.04.2023 - 08:23
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Siri, die Produktempfehlungen der online-Kaufhäuser oder Musikvorschläge in den Streamingdiensten - das alles ist KI und begleitet unseren Alltag schon geraume Zeit. Das Thema dringt in immer weitere Bereiche des täglichen Lebens vor und ist mit Sicherheit gekommen, um zu bleiben. So zeigt das Ars Electronica Center in Linz aktuell eine Ausstellung, die mit Hilfe von ChatGPT generiert wurde. Das Vorgängermodell GPT-2 wurde dort bereits vor vier Jahren präsentiert. In Hongkong leitet eine künstliche Intelligenz, "Frau Tang YU", die Firma Fujian Netdragon und Dermatologen verwenden mit Skinscreener KIs erfolgreich beim Erkennen von Hautkrebs.

Doch Schulen, Bildungseinrichtungen  bzw. Lehrende stehen mit der Einführung von ChatGPT auch vor einem Dilemma. Zum einen sind die Datensätze und Quellen, mit denen ChatGPT trainiert wurde, nicht transparent. Auch die Qualität der Antworten ist zu hinterfragen. Informationskompetenz und ein Grundwissen zum jeweiligen Thema muss vorausgesetzt werden. Zum anderen steht ein Datenschutzproblem im Raum. Es zeichnet Lehrende und Schulen aus, kritisch zu sein und nicht jedem Trend hinterherzulaufen. Beständigkeit und Verlässlichkeit sind Trumpf.

ChatGPT ist aber ebenso eine Chance für unser Bildungssystem und die Planung von Lerneinheiten. Dies bedingt eine tiefere Auseinandersetzung mit der Technik, aber auch ein Besinnen auf menschlich-pädagogische Qualitäten. Ein Lehrer, eine Lehrerin kann meiner Ansicht nach niemals ersetzt werden - das sei vorausgeschickt. Es ist eine zutiefst humane Qualität den Gegenüber als einzigartiges Individuum wahrzunehmen, Tränen zu trocknen und die Geschichten im Hintergrund mitzuberücksichtigen. Das alles kann kein PC der Welt, auch wenn es mit Woebot, einem KI-Kummer-Chatbot, bereits Erfahrungen dazu gibt.

Als Ergänzung zu humanen Kompetenzen kann ChatGPT allerdings sehr wohl verstanden werden. So habe ich es auch in meinem Deutschunterricht eingesetzt.

Unterrichtseinsatz ChatGPT zum Thema Hauptsatz und Gliedsatz

Gesucht wurde zu Stundenbeginn eine Definition zum Gliedsatz (Wiederholung).

Screenshot ChatGPT Antwort ChatGPT/ Prompt von K.Kuba www.tibs.at CC BY-NC-SA 3.0

Die Antwort konnte weder mich noch meine Schüler:innen überzeugen. Sie ist auch nicht wirklich kindgerecht. Die verschiedenen Arten von Gliedsätzen wurden ungefragt dazugeliefert und sind als Unterrichtsinhalt in der 2. Klasse noch nicht vorgesehen. Google hat uns eine weitaus bessere, weil einfachere Lösung präsentiert.

Den Hauptsatz wollten wir uns trotzdem von ChatGPT erklären lassen. Füllsel wie  "in der Regel" oder "zusätzliche" haben das Verständnis erschwert. Das Wort "komplex" ist im Sprachschatz der Schüler:innen nicht vorhanden gewesen. Außerdem haben meine Schüler:innen auch fast sofort den Fehler im Text entdeckt.

Screenshot ChatGPT Antwort ChatGPT/ Prompt von K.Kuba www.tibs.at CC BY-NC-SA 3.0

Das Prädikat ist keineswegs "gehe heute ins Kino", sondern natürlich nur "gehe". 

Nach der Wiederholung ging es ans Üben und ehrlich gesagt gehört das Erfinden von Beispielen nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Also habe ich im Vorfeld die KI um eine Lösung gefragt.

Arbeitsblatt von ChatGPT ChatGPT/ Prompt von K.Kuba www.tibs.at CC BY-NC-SA 3.0

Diese Ideen fand ich sehr kreativ und ich habe sie auf meinem Arbeitsblatt verwendet. Ästhetisch ist jedoch die Antwort von ChatGPT nicht zufriedenstellend und deshalb habe ich sie mit meinem bevorzugten Arbeitsblattgenerator aufgehübscht. Das Arbeitsblatt können Sie sich im Anhang ansehen. 

Fazit:

ChatGPT konnte mir beim Erstellen des Arbeitsauftrages wertvolle Ideen liefern, die Umsetzung im Unterricht erforderte aber unbedingt zusätzliche Eigenleistung. Ein Copy&Paste ist nicht vorstellbar. ChatGPT scheint jedoch tatsächlich eine alltagstaugliche Art "eBike fürs Gehirn" zu sein, die Übungsbeispiele waren gut gewählt. 

Die Erklärungen zu Hauptsatz und Gliedsatz waren nicht zufriedenstellend und ohne Vorwissen nicht zu gebrauchen. Ein Jugendlicher ohne Vorkenntnisse kann so kaum dazulernen und muss wesentliche von unwesentlichen Informationen unterscheiden können.

Im Sinne eines Jugendschutzes empfehle ich die (begleitete) Anmeldung von Schüler:innen zum aktuellen Zeitpunkt nicht. OpenAI plant jedoch zukünftig eine Altersabfrage.

 

Uebungen_HS-GS.pdf