Project Ara - Der Traum vom modularen Mobiltelefon (aktualisiert am 18.01.2019)

Vorder- und Rückseite eines Mobiltelefons nebeneinanderLaughingdemoncommons.wikimedia.org/wiki/File:A_concept_for_project_Ara-_Created_during_the_open_development_process_on_dScout-_Created_January_2014_2014-02-07_09-10.jpg?uselang=deCC BY-SA 3.0

Jedes Smartphone hat seine Vorzüge. Manche haben eine sehr gute Kamera, andere sehr gute Lautsprecher und wieder andere glänzen mit zusätzlichen Sensoren. Beim Kauf eines Smartphones schaut man dann am Markt welches Gerät den eigenen Anforderungen gerecht wird und kauft dieses. Oder sagen wir besser, man kauft jenes Gerät, welches den eigenen Ansprüchen am ehesten gerecht wird. Denn den meisten wird es vermutlich genauso ergehen wie mir: man wird bei seinem Smartphone Kompromisse eingehen und auf Dinge verzichten, die einem nicht ganz so wichtig sind wie jene, wegen denen man letztendlich genau dieses Smartphone kaufen wird, und wird im Gegenzug Dinge mitkaufen, die man eigentlich gar nicht braucht. Wie schön wäre es da, wenn sich jede_r das eigene Smartphone nach den eigenen Bedürfnissen zusammenstellen könnte. Man könnte dann dort die besten Komponenten wählen, wo es einem wichtig erscheint, und all das weglassen, was man ohnehin nicht brauchen wird. Aber so ein individuelles Smartphone ist wohl nur Wunschdenken, oder? Nein. Denn wenn es nach dem dem Project Ara und Google geht, dann nicht.

Was ist das Project Ara?

Im September 2013 veröffentlichte Dave Hakkens im Rahmen seines Projekts Phonebloks, welches sich die Verhinderung von Elektroschrott zur Aufgabe gemacht hat, ein Video, in dem er den Bau eines modularen Samrtphones anregte. Motorola und damit Google, die mit ihrem Programm "Sticky" bereits ein ähnliches Ziel verfolgten, wurden darauf aufmerksam. Es kam zu einem Treffen, bei dem dann der Name des Projekts in "Project Ara" geändert wurde und Googles "Advanced Technologies and Projects" Team mit der Entwicklung eines solchen Geräts betraut wurde. Beim Verkauf von Motorola an Lenovo behielt Google das Projekt. Somit entwickelt das Project Ara jetzt für Google ein modulares Smartphone, wobei die Community von Phonebloks ebenso immer wieder eingebunden wird, wie andere Entwickler, die einen Beitrag zu diesem Projekt leisten und Module entwickeln wollen. Denn Google stellt für Entwickler kostenlos Module Developers Kits (MDK) zur Verfügung und es werden in regelmäßigen Zeitabständen Entwicklerkonferenzen abgehalten, auf denen sich die einzelnen Entwickler austauschen können.

Wie funktioniert ein modulares Smartphone?

Kernstück eines solchen modularen Smartphones ist ein sogenanntes Endoskelett (kurz Endo), das im Prinzip so etwas wie eine Basisplattform darstellt und einen Raster vorgibt auf den dann beliebige Module gesteckt werden können. Solche Endos sollen in den Größen 2 x 5, 3 x 6 und 4 x 7 erscheinen. Es sollte somit für jeden Geschmack etwas dabei sein, je nachdem wie groß man sein Telefon haben möchte bzw. wie viele Module man einbauen möchte. Da das Endo also nur die Plattform für Module bietet, kann man mittels dieser Module sein Telefon selbst zusammenstellen. Damit kann man dann zum Beispiel selbst entscheiden wie leistungsfähig der Prozessor sein soll, wie wichtig einem eine gute Kamera ist, wie lang der Akku halten soll, und so weiter. Dem Ganzen sind im Prinzip keine Grenzen gesetzt, so lange man nicht mehr einbauen will, als das Endo an Platz ermöglicht. Ursprünglich hätte man die einzelnen Module ganz einfach in das Endo schieben können sollen, wo sie mittels Elektropermanent-Magneten fixiert hätten werden sollen. Tests im Herbst 2015 haben allerdings gezeigt, dass diese Art der Befestigung nicht den Anforderungen an ein Mobiltelefon entsprochen haben, da die einzelnen Teile bei Erschütterung viel zu leicht aus dem Endo gefallen sind. Derzeit wird an einer neuen Art der Anbringung der Teile am Endo gearbeitet. Zur weiteren Individualisierung des eigenen Geräts soll es dann noch eigene Hüllen (so genannte Shells) für die Module geben, die per 3D-Druck hergestellt werden, sodass Anwender ihr Mobiltelefon mit jedem beliebigen Bild oder Design schmücken können.

Was sind die Vorteile?

Für die meisten Personen wird der wichtigste Vorteile von diesem Konzept sicher die Möglichkeit sein, das eigene Smartphone individuell zusammenstellen zu können. Endlich kann man selber entscheiden, welche Komponenten verbaut werden sollen, wo man gerne mehr Geld ausgeben möchte und wo man lieber etwas einsparen will. Darüber hinaus kann man Module sehr einfach wechseln (teilweise sogar im laufenden Betrieb), was zum einen einen schnellen Austausch von Komponenten ermöglicht, wenn man sein Mobiltelefon aufrüsten will, zum anderen aber auch einen schnellen Austausch zwischen einzelnen Geräten ermöglicht. Man könnte somit ein teureres Kameramodul kaufen, welches dann innerhalb einer Familie oder eines Freundeskreises unkompliziert ausgetauscht werden kann oder überhaupt nur bei Bedarf schnell am Telefon angebracht wird. Frei nach dem Motto Soundmodul raus, Kameramodul rein. Ein weiterer Vorteil dieses Konzepts ist natürlich die Verringerung von Elektroschrott, was ja das ursprüngliche Motiv von Phonebloks war. Diese Bauweise ermöglicht nun nur mehr jene Module auszutauschen, die den eigenen Ansprüchen nicht mehr genügen, und alle anderen weiterhin zu behalten. Es ist somit nicht mehr unbedingt notwendig bei einer Beschädigung des Displays das gesamte Mobiltelefon auszutauschen - man kann auch nur das Display tauschen. Und ein leerer Akku stellt ebenso kein großes Problem mehr dar, wenn man einfach ganz leicht ein neues Akkumodul einbauen kann.

Was sind die Nachteile?

Da sich das Projekt noch im Anfangsstadium befindet, gibt es selbstverständlich noch Probleme bzw. Nachteile, die aber teilweise sicher im Laufe der Zeit noch gelöst werden könnten. Zum einen wären da ein höheres Gewicht und eine größere Dicke des Mobiltelefons, welche durch die Bauweise mit einzelnen Modulen einhergehen, und zum anderen haben die Geräte zur Zeit noch eine etwas geringere Akkuleistung. Ein weiteres Problem könnte sich auch ergeben, wenn die Kommunikation der einzelnen Module untereinander nicht funktionieren sollte. Dieses Problem, wenn es überhaupt bestehen sollte, wird aber wohl im Lauf der Zeit gelöst werden. Es ist ja leider schon jetzt nicht unüblich, dass Telefone, wenn sie neu auf den Markt kommen, noch gewiße Kommunikations- oder Funktionsprobleme aufweisen.

Ab wann gibt es Mobiltelefone von Project Ara?

Aufgrund der Probleme bei der Befestigung der einzelnen Module am Endo gab Google 2016 als Datum für die Präsentation von Project Ara an. Und Google plante auch einen eigenen Google Store für das Poject Ara einzurichten, über den dann Kunden einzelne Mudule - auch von Drittanbietern - beziehen könnten. Für manche Ideen ist dann aber doch die Zeit noch nicht reif. Und so hat Google Ende 2016 das Project Ara ohne Ergebnis beendet. Damit wird es leider wohl noch einige Zeit dauern bis es modulare Smartphones gibt...

Fazit:

Ein modulares Telefon ist hinsichtlich des Umweltgedankens und der Möglichkeit es individuell zusammensetzen zu können, sicher für viele interessant. Und wenn die Kommunikation zwischen allen Modulen wirklich funktioniert und die einzelnen Module teilweise sogar im laufenden Betrieb leicht ausgetauscht werden können, werden wohl auch die Nachteile des größeren Gewichts, der größeren Dicke und des eventuell schlechteren Akkus leicht zu verschmerzen sein. Sollte dies alles erfüllt werden und die Preisgestaltung von den potentiellen Kunden als angemessen angesehen werden, dann könnte dies den einen oder anderen Hersteller von Smartphones durchaus ins Schwitzen bringen.

 

P.S.: Sollte sich jemand wie ich fragen, warum das Projekt den Namen "Project Ara" trägt, hier die Erklärung, welche sich auf der Website von Project Ara befindet: "As it turns out, our lead mechanical designer is named Ara. And we like him. And we also like his name. So we named the phone Ara. We hope you like it too." (http://www.projectara.com/faq/)

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