100. Todestag von Gavrilo Princip (28.4.1918) - Held oder Terrorist?

Statue von Gavrilo Princip in einem ParkTufnica Njeznacommons.wikimedia.org/wiki/File:Spomenik_Gavrilu_Principu_07.jpgCC BY-SA 4.0

Als am 28.6.1914 der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand in Sarajevo erschossen wurde, kannten ihn nur wenige. Bald darauf war sein Name in aller Munde, soll er doch durch das von ihm verübte Attentat den Auslöser für den Beginn des 1. Weltkrieges geliefert haben. Aber wer war dieser Gavrilo Princip? Was bewegte ihn zu dieser Tat? Und vor allem, was wurde nach dem Attentat aus ihm? Anlässlich des 100. Todestages von Gavrilo Princip bietet es sich an, diesen Fragen einmal kurz nachzugehen.

 

Kindheit und Jugend

Gavrilo Princip wurde am 25.Juli 1894 (nach dem gregorianischen Kalender, zur damaligen Zeit galt in seiner Heimat noch der julianische Kalender, nach dem es der 13.7.1894 wäre) in Obljaj (heute ein Ortsteil von Bosansko Grahovo in der Bosanska Krajina, im heutigen Grenzland zwischen Bosnien und Kroatien) geboren. Er entstammte einer alteingesessenen Familie bosnischer Serben und war eines von 9 Kindern, von denen 6 bereits im Kindesalter starben. Auch Gavrilo wurde als ein kränkliches Kind beschrieben, an dessen Überleben man eigentlich nicht glaubte. Aber er überlebte. Als sein ältester Bruder Jovo zum Patriarchen der Familie wurde, übernahm er auch die Verantwortung für Gavrilo und holte seinen jüngsten Bruder, der damals 13 Jahre alt war, nach Hadžić, einen Vorort von Sarajevo. Gavrilo galt als guter und intelligenter Schüler, der gegen den Willen seines Vaters zuerst die Grundschule und dann die Handelsschule in Tuzla besuchte, ehe er dann an ein Gymnasium in Sarajevo wechselte. Dort kam er erstmals in Kontakt mit der national- und sozialrevolutionären Bewegung „Mlada Bosna“ (Junges Bosnien), der er sich auch anschloss. Mlada Bosna, deren Miitglieder bosnische Serben, Kroaten und Muslime waren, hatte sich politisch zum Ziel gesetzt, die österreichisch-ungarische Besetzung Bosnien-Herzegovinas zu beenden und einen Zusammenschluss der Provinzen Serbien und Montenegro und damit die Gründung Jugoslawiens zu erreichen. Daneben setzte sich die Bewegung auch für mehr Bildungsmöglichkeiten für Arme ein. Schon in dieser Zeit bewunderte Gavrilo zwei Männer, die sich für die Freiheit Serbiens einsetzten: Miloš Obilić, einen serbischen Nationalhelden, der im Spätmittelalter gegen die Türken kämpfte und den türkischen Sultan Murad I. erstochen hat, sowie Bogdan Žerajić, der 1910 ein Attentat auf den Statthalter Österreich-Ungarns in Bosnien und Herzegowina Marijan Freiherr Varešanin von Vareš verübte, welches allerdings scheiterte, worauf Žerajić sich das Leben nahm. So war es nicht verwunderlich, dass er 1912, als er an ein Obergymnasium in Belgrad wechselte, sich weiter radikalisierte und letztendlich von Vojislav Tankosić für die Geheimorganisation „Ujedinjenje ili Smrt“ (Vereinigung oder Tod, auch bekannt unter dem Namen „Crna ruka“ (Schwarze Hand)) angeworben wurde. Als der 1. Balkankrieg ausbrach, schien die Zeit für ihn gekommen zu sein, um wie seine Vorbilder das Land zu verteidigen und er meldete sich freiwillig für den Kriegsdienst. Aufgrund seiner körperlichen Konstitution - es wird vermutet, dass er bereits damals an Knochentuberkulose litt - wurde er aber als untauglich abgewiesen. Diese Demütigung traf ihn hart und so widmete er sich ab dieser Zeit intensiv Plänen für ein Attentat um seinen Beitrag dennoch leisten zu können.

Das Attentat

Als Ziel des Attentats wurde der österreichische Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand auserkoren. Über die Hintergründe für diese Wahl herrscht in der Forschung Uneinigkeit. Auf jeden Fall feilten Gavrilo Princip und seine Mitverschwörer Čabrinović und Grabež unter der Leitung ihres Führungsoffiziers Milan Ciganović an ihren Plänen, von denen sie auch nicht mehr abzubringen waren, als die Führung der Schwarzen Hand diese wieder stoppen wollte. So trainierten sie den Umgang mit Waffen und sie wurden von serbischen Zöllnern nach Bosnien eingeschleust, wo sich ihrer kleinen Gruppe noch 4 weitere Personen unter der Leitung von Danilo Ilić anschlossen. Als Tag für das geplante Attentat wurde der 28.6.1914 gewählt - jener Gedenktag der Serben, an dem der Schlacht auf dem Amselfeld gedacht wird. Geplant war den Thronfolger zu ermorden und anschließend Selbstmord zu verüben, um bei Befragungen nach einer Verhaftung nicht durch Aussagen die ganze Geheimorganisation in Gefahr zu bringen. Es ging aber von Anfang an vieles schief. Ein Bombenwurf von Čabrinović verfehlte sein Ziel, dieser war im Anschluss nicht in der Lage sich zu vergiften und der Versuch Princips seinen Mitverschwörer zu erschießen, scheiterte an vorbeifahrenden Autos. Der Attentatsversuch schien gescheitert zu sein. Doch dann spielte Gavrilo Princip der Zufall in die Hände. Denn der Wagen des Erzherzogs wich von seiner ursprünglichen Route ab und hielt direkt vor ihm an. Princip nutzte die geänderte Lage sofort aus. Er zog seine Pistole und erschoss den Erzherzog und dessen Gemahlin. Sein Versuch sich selbst zu vergiften scheiterte aber, da er von den umstehenden Passanten ergriffen und verprügelt wurde, ehe er von der Polizei verhaftet und vor einem etwaigen Lynchmord bewahrt wurde.

Nach dem Attentat

Bei den folgenden Befragungen versuchte Princip sich zuerst als Einzeltäter darzustellen, ehe sein Mitverschwörer Čabrinovićs ihn durch ein Teilgeständnis zur Änderung seiner Angaben zwang. Dennoch gelang es beiden die weiteren Beteiligten der Verschwörung zu decken bis Danilo Ilić, ihr Kontaktmann in Bosnien, verhaftet und durch sein Geständnis die Verschwörung mit Ausnahme der Beteiligung serbischer Behörden daran aufgedeckt wurde. Der Prozess endete mit der Verurteilung Princips zu 20 Jahren schwerer Zwangsarbeit in der Kleinen Festung Thereseinstadt. Der eigentlich nach österreichischem Recht vorgesehenen Todesstrafe entkam er mit viel Glück. Aufgrund eines Schreibfehlers stand in seiner Geburtsurkunde nämlich Juni statt Juli. Und genau diese Geburtsurkunde und nicht die vorhandenen Matrikenbücher oder staatlichen Unterlagen zog das Gericht zur Bestimmung des Alters heran. Aufgrund seines somit zu geringen Alters (unter 20 Jahre) konnte Gavrilo Princip demnach nicht zum Tod verurteilt werden. Eigentlich wäre Princip zum Tatzeitpunkt jedoch bereits 20 Jahre alt gewesen. Nach der Urteilsverkündung wurde Princip nach Theresienstadt gebracht, wo er unter erschwerten Haftbedingungen (enge, feuchte, dunkle Zelle, in der er bis 1916 durchgehend angekettet war) in Isolationshaft gehalten wurde. Diesen Haftbedingungen musste der gesundheitlich ohnehin immer schon angeschlagene und seit geraumer Zeit an Tuberkulose leidende Princip schnell Tribut zollen. Es folgten erfolglose Selbstmordversuche, ehe er am 28.4.1918 an Tuberkulose verstarb. Sein Leichnam sollte anonym in Theresiensatdt bestattet werden. Aber einer der Soldaten, die den Auftrag hatten Princip zu begraben, notierte sich die Grabstelle, sodass sie 1920 identifiziert und Gavrilo Princip exhumiert und am Friedhof Koševo in Sarajevo beigesetzt werden konnte.

Held oder Terrorist

Die Frage ob es sich bei Gavrilo Princip um einen Volkshelden oder einen Terroristen handelt, lässt sich nicht so leicht beantworten und hängt auch davon ab, wen man fragt. So gilt Princip als Verursacher des 1. Weltkrieges, wenn man das Attentat isoliert betrachtet, aber als unbedeutende Randfigur, wenn man an die Unausweichlichkeit des 1. Weltkrieges als Folge des Aufstrebens des deutschen Reiches glaubt. Aus serbischer Sicht handelt es sich bei ihm um einen bosnischen Revolutionär, während man ihn im bosnisch-kroatischen Landesteil sowie in Kroatien als Terrorist bezeichnet. Es scheint also schwer zu sein, die Person Gavrilo Princip und seine Rolle in der Geschichte eindeutig zu beschreiben. Da verwundert es auch nicht, dass die Errichtung einer Kapelle mit Gedenkschrift an ihn und weitere Mitglieder von Mlada Bosna an seiner Grabstätte von Seiten Serbiens, sowie die Errichtung von Denkmälern und die Benennung von Straßen zu seinen Ehren immer wieder für heftige Kritik sorgt. Vor allem, wenn deren Einweihung immer wieder rund um den Jahrestag des Attentats erfolgt.

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