Live-Einstieg: Israel-Seminar

Bild von Jerusalem K.Kubawww.TiBS.atCopyright

Das Israel-Seminar von erinnern.at, das seit heuer zum Oead gehört, hat bereits Tradition und über 800 Lehrende ins Heilige Land gebracht. Die Anmeldung für das kommende Jahr über die PH in Oberösterreich ist schon abgelaufen und die Anmeldung für den Lehrgang über die PH Salzburg kann erst im September erfolgen. Ich lade Sie trotzdem bereits jetzt ein, dabei zu sein.

Mit insgesamt 18 Lehrer:innen aus ganz Österreich tauchen wir in das Thema „Lehren und Lernen über den Holocaust“ und bereisen unter anderem Tel Aviv, Jerusalem, den Ghetto Fighter Kibbuz in Lohamei Hagetaot sowie Nord-Israel. Die zweiwöchigen Seminare werden mit der International School for Holocaust Studies an der Gedächtnisstätte Yad Vashem organisiert.

Geleitet wird der Lehrgang, der bereits 2020 begonnen hat, von Mag.a Adelheid Schreilechner und Dr. Wolfgang Gasser.

Am Sabbat angekommen zeigt sich Jerusalem von seiner ruhigen Seite. Es ist Feiertag. Die Männer sind traditionell gewandet, die Frauen und Kinder tragen ihre schönsten Kleider. Der Kinderreichtum sticht sofort ins Auge. Im Durchschnitt bringt eine Frau israelische 3,1 Kinder zur Welt. Orthodoxe Familien haben oft auch sechs oder mehr Kinder. Nach dem Abendspaziergang zur Klagemauer wartet am nächsten Tag eine Führung durch Jerusalem.

Gruppenfoto mit Lehrer:innen aus ganz ÖsterreichK.Kubawww.TiBS.atCopyright

Ein Tag in Jerusalem 
Der Tag zeigt die Vielfalt der Stadt. Man hört den Muezzin, sieht orthodoxe Juden, besucht zahlreiche heilige Stätten und trinkt Kaffee im Österreichischen Pilger-Hospiz. Der Tag beginnt mit dem atemberaubenden Blick vom Ölberg auf die Stadt.

Blick auf die StadtK.Kubawww.tibs.atCopyright

Nach dem Besuch der Maria - Magdalena Kirche denkt man im Garten Gethsemane  an Jesus, der hier seinen letzten Abend verbracht hat. Uralte Olivenbäume säumen den Weg zur Kirche der Nationen, die auch Basilika der Todesangst genannt wird. Weiter geht es über die Via dolorosa zur Grabeskirche, die sich sechs verschiedene christliche Religionen teilen. Es ist bunt, heiß und sehr lebendig in den engen Gassen. Nach dem Besuch der Cardo, der freigelegten ehemaligen Hauptstraße, geht es zur Klagemauer. Die Bilder zeigen einen kleinen Ausschnitt des Tages.
Nach 17 000 Schritten ist der Rundgang durch Jerusalem beendet. 

DamaskustorK.Kubawww.tibs.atCopyright
Al Aqsa Moschee K.Kubawww.tibs.atCopyright
KlagemauerK.Kubawww.TiBS.atCopyright
Tee und Kaffee in der AltstadtK.Kubawww.tibs.atCopyright

Yad Vashem - The world Holocaust remembrance center

Tag 2, 3 und 4 führen die Gruppe nach Yad Vashem, dem 1953 gegründeten internationalen Zentrum für Holocaust Studies. Die Gedenkstätte am Mount Herzl ist weitläufig und beinhaltet unterschiedliche Areale. Die Vorträge reichen von der Geschichte des Antisemitismus in der Antike und der Vorkriegszeit und sind hervorragend. Wir besuchen die Halle der Erinnerung, die Allee der Gerechten unter den Völkern und das Denkmal für die Kinder, das in seiner architektonischen Umsetzung mit Spiegeln trotz nur fünf brennenden Kerzen eine Vielzahl an Flammen erzeugt und aller 1,4 Millionen in der Shoa ermordeten Kinder gedenkt. Die Namen der Kinder, ihre Herkunft und das Alter, als sie gestorben sind, laufen vom Band. Es sind emotionale Momente, die auch zeigen, wie wichtig es ist, das Thema mit der entsprechenden Didaktik an unsere Schüler:innen zu bringen. Diese Didaktik wird hier vor Ort vermittelt. Es geht um Einzelschicksale. Daniel Rozenga und Jana Vilensky kennen zahlreiche davon. Maria Sterkl, eine u.a. für den Standard und die FAZ schreibende österreichische Journalistin, spannt den Bogen in die Jetzt-Zeit und berichtet über die aktuelle politische Situation.

Areal in Yad VashemK.Kubawww.tibs.atCopyright

Die Tage sind abwechslungsreich und gespickt mit Informationen. Die Abendessen werden individuell und gern am Mahane Yehuda Market eingenommen.

Tel Aviv - Jaffa

Die Stadt an der Mittelmeerküste erwartet die Teilnehmer:innen mit traumhaftem Wetter und interessantem Programm. Hier verbindet sich modernste Architektur mit uraltem Stadtkern, Sandstrand mit Weltkulturerbe. Die auf Sanddünen errichtete Stadt ist nicht nur für die Orangen bekannt, sie ist eng mit dem Osmanischen Reich, der jüdischen Einwanderung und der arabischen Geschichte verbunden. Eine Führung zur Bauhaus-Architektur vermittelt einen umfassenden Eindruck. Als sogenannte Gartenstadt geplant ist sie besonders lebenswert!

In jeder Phase der Reise werden Lehrende zu Lernenden. Die Geschichte Israels ist komplex und voller scheinbarer Widersprüche. Der fehlende Narrativ zwischen Palästinensern und Israelis beeinflusst das Verständnis für das Land.

Blick auf den alten Stadtkern in JaffaK.Kubawww.tibs.atCopyright
Blick auf die Skyline von TEL AvivK.Kubawww.tibs.atCopyright

Der Norden Israels

Als ich diese Zeilen schreibe, habe ich einen Tiefpunkt hinter mir. Dieser betrifft nicht die persönliche Verfassung oder die hervorragende Stimmung in der Gruppe. 

Am Kinneret-Friedhof hat die Smart Watch eines Teilnehmers -170 Meter unter dem Meeresspiegel angezeigt. Der jüdische Friedhof liegt traumhaft am See Genezareth, dessen Wasser vor Bau der Entsalzungsanlagen auch getrunken wurde. 

Den Vormittag haben wir in Nazareth verbracht, wo sich einmal mehr der kaum fassbare Unterschied zwischen den Israelis gezeigt hat. Bereits am Parkplatz wird der Koran kostenlos verteilt, die 1969 eingeweihte Verkündigungsbasilika ist nur wenige Meter entfernt. Hier hat die Jungfrau Maria vom Erzengel Gabriel erfahren, dass sie ein Kind bekommen wird.

Der See Genezareth wird landschaftlich umrahmt von den Golanhöhen.

See GenezarethK.Kubawww.tibs.atCopyright

Fahrt Richtung Nahariyya

Der Tag bringt außer dem Besuch der Capernaum Synagoge und der  Fahrt über die Golanhöhe auch knackige 39 Grad und zahlreiche Informationen von Schlomit zur Geografie und der Geschichte  Israels. Die Grenzanlagen zu Syrien und zum Libanon sind sehr nahe. Am Ende des Tages sind wir in Rosch haNikra, wo die einzigartige Schönheit der Grotte alle verzaubert.

Ehemaliger Bunker auf den GolanhöhenK.Kubawww.tibs.atCopyright
Warnung vor LandminenHubert Winklerwww.tibs.atCopyright
Das Blau der GrotteK.Kubawww.tibs.atCopyright

GhettofighterKibbuz Lohamei Hagetaot

Der Besuch des Kibbuz ist eine neue Erfahrung. Hier wohnen über 800 Menschen in einer Gemeinschaft zusammen. Außerdem ist ein Museum angeschlossen, in dem die partizipative Vermittlung des Holocaust im Vordergrund steht. Was es heißt in einem Kibbuz aufzuwachsen, erzählt uns Tali. Es sind nicht immer schöne Geschichten. 
Ein Exponat unter den vielen ist der gläserne Käfig, in dem Adolf Eichmann während seines Prozesses saß. Die Verurteilung von Eichmann scheint eine Zäsur zu sein. Trotzdem wird  jedoch in jedem Moment vermittelt, dass auch die Täter ihre Geschichte haben. 
Es sind aber auch für Geschichtslehrer:innen sehr fordernde Augenblicke. Es sind „Heavy Moments“ … es geht um den größten Genozid der Geschichte, um das Schicksal von Kindern und ganzer Familien .. der Holocaust wird in Israel bereits ab dem Kindergarten vermittelt.

Dies ist auch der Sirene geschuldet, die an Jom haScho’a, dem Holocaust Gedenktag im April, im ganzen Land ertönt.

 

Glaskäfig des Eichmann ProzessesK.Kubawww.TiBS.atCopyright

Der Besuch des Kindermuseums ist ergreifend und speziell. Die Atmosphäre wirkt bedrückend. Die Glasfenster des Museums sind wunderschön.. es sind viele Namen, die an ermordete Kinder erinnern. Es sind verlorene Leben, vernichtete Talente und unglaubliche Tragödien.

IGlasfenster aus dem MuseumK.Kubawww.TiBS.atCopyright

Der Abend klingt in der arabisch geprägten Hafenstadt  Akko aus. Der Austausch zwischen den Teilnehmer:innen bereichert den Tag und gleicht einer befreienden Supervision. Es wird gelacht!

Sonnenuntergang in AkkoHubert Winklerwww.TiBS.atCopyright

The Center of Humanistic Education

Im CHE bekommen wir neben Einblicken in das israelische Schulsystem auch eine wichtige didaktische Lektion.  Die Geschichte hat immer mindestens zwei Blickwinkel. Wo sollte sich das besser zeigen als hier, wo es für Schüler:innen ja das arabische und  das jüdische Schulsystem gibt. In beiden herrschen unterschiedliche Narrative vor. Austausch gibt es wenig.

Meine wichtigste Erkenntnis ist jedoch folgende: Der Holocaust ist nicht den Juden passiert. Er ist der Menschheit passiert.  Wir alle müssen achtsam sein, denn es könnte wieder geschehen. Bewundernd muss ich auch von einer arabischen Lehrerin erzählen, die versucht die Trennung zwischen Araber:innen und Palästinenser:innen zu überwinden. Eine von ihr gegründete gemeinsame Schule hat sicher Potential, unsichtbare Mauern niederzureißen.

Die letzten Tage in Jerusalem

Die abschließenden Seminare in Yad Vashem wie das Treffen mit Zwi Herschel, dem Workshop „Why didn‘t you come before?“ oder die „Flashes oft Memory“, die Fotos aus der Holocaust zeigt, bringen die Veranstaltung  langsam in Richtung Abschluss.

Zwi Herschels Geschichte berührt. 1942 als jüdischer Bub geboren, wurde er von seinen jüdischen Eltern Freunden übergeben. Während seine Eltern 1943 in der Gaskammer sterben, überlebt er. Heute lebt er in Israel.

Seine Geschichte findet sich in den Yad Vashem Materialien. Diese möchte ich als abschließenden Tipp all jenen Lehrer:innen ans Herz legen, die zum Thema Holocaust arbeiten.

Das Land und seine Einwohner:innen haben mich nachhaltig beeindruckt, die Workshops und Seminare waren lehrreich und wertvoll, wirklich alle Führungen toll. Liebe Geschichtslehrende, bewerbt euch für das Seminar.Ihr werdet es nicht bereuen!

Ich bedanke mich, dass Sie mich beim Israel-Seminar von erinnern.at begleitet haben. 
 

Weiterführende Links:

Yad Vashem

Ghetto Fighters House Archiv

erinnern.at

 

 

 

 

 

Moschee in Jaffo K.Kubawww.TiBS.atCopyright

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