Vom Attestat zum Zeugnis

In der Maria Theresianischen Schulordnung war ein Zeugnis noch nicht vorgesehen. Die größte Herausforderung stellte der regelmäßige Schulbesuch dar. Erst Joseph II. hat erlassen, dass allen schreibkundigen Schülern am Ende der Trivialschule ein Schulattestat auszustellen ist.

Das Attestat bestand zuerst aus einem einzigen Satz:

"Es wird bestätigt, dass Josef Pammer, ehelicher Sohn des Bäckermeisters, sich durch 6 Jahre in der hiesigen Trivialschule alle vorgeschriebenen Gegenständen zur Genüge zu eigen gemacht hat."

Ein Schulmeister aus Bad Leonfelden drückt es so aus:

Der Schüler hat die Religion, das Buchstabieren, das Schönschreiben und das Zählen im Kopf erlernet, soweit ich es ihm beibringen konnte.

Erst ab 1830 gibt es in Österreich Normvorschriften für Beurteilungsstufen. Mit Sehr gut, Gut, Zufriedenstellend und Ungenügend gab es nur vier mögliche Noten. 

In der Leistungsbeurteilungsverordnung ist unter §14 genau festgelegt, wann die Noten Sehr gut bis Nicht genügend zu vergeben sind. Dass die Gerechtigkeit der Noten diskutierbar ist, steht außer Frage.

Notengebung zählt mitunter zu den großen Herausforderungen des Lehrer_innenalltags. Hier träumen manche von einer Schule ohne Noten. Die Rückmeldung erfolgt dann als Verbalbeurteilung. Immerhin ist jede Lehrkraft anders. Genauso sind die Schüler_innen. Studien beweisen, dass Kevin und Chantal von vornherein die schlechtere Note zu erwarten haben und auch die Tagesverfassung der Lehrkraft die Notengebung beeinflusst. Eine Verbalbeurteilung würde Stärken und Schwächen des Zöglings fair ausformulieren und somit eine sinnvollere Rückmeldung sein. Dies könnte zur Hoffnung werden - für Kevin, Chantal und alle, die eine Teilleistungsschwäche haben wie etwa Otto von Bismark, der für sein schlechtes Latein, den Vermerk "Fortschritte sind zu erhoffen" bekam.

Der Bildungsforscher Bernhard Hemetsberger von der UNI Wien kann Ziffernnoten allein wenig abgewinnen:

Ziffernnoten würden nicht dazu führen, dass Eltern einen besseren Eindruck bekommen, wo ihr KInd steht. Alternative Beurteilungen seien als Rückmeldung für Schüler aussagekräftiger.

In der Primarstufe hat man es schon mit Noten, aber auch schon mit Kompetenzrastern versucht. Das Schulunterrichtsgesetz schreibt für die Mittelschule die Ergänzende differenzierte Leistungsbeurteilung (EDL) vor.

Man sieht: Schule entwickelt sich und das schon seit 1774!

 

Quellen:

GEO Wissen: Die ideale Schule

ORF Science: Eine kurze Geschichte der Zeugnisse

 

 

Liselotte Rechfeldhttps://www.centropa.org/de/photo/zeugnis-aus-der-volksschule-1931Copyright