Palimpsest - Recycling im Mittelalter

Seite des Palimpsests Codex GuelferbytanusLeszek Jańczukcommons.wikimedia.org/wiki/File:Codex_Guelferbytanus_B_00474.jpgPublic Domain

Schon im Mittelalter hat man in gewisser Weise recycelt, wenngleich man es damals natürlich noch nicht so nannte. Schreibmaterial war einfach zu kostbar und wurde deshalb sinnvoller Weise wiederverwertet. Den nachfolgenden Generationen bescherte dies Palimpseste, die für die Wissenschaft oft von großer Bedeutung waren und es noch immer sind.

Beschreibung Palimpsest

In Wikipedia findet man für den Begriff Palimpsest folgende Definition:

Palimpsest (Maskulinum auch Neutrum, von lateinisch palimpsestos, -i m aus altgriechisch πάλιν palin „wieder“ und ψάειν psaein „reiben, (ab-)schaben“) ist der bereits in der Antike[1] verwendete Begriff für eine antike oder mittelalterliche Manuskriptseite oder -rolle, die beschrieben, durch Schaben oder Waschen gereinigt und danach neu beschrieben wurde (lat. codex rescriptus). (de.wikipedia.org/wiki/Palimpsest)

Es ist somit der Part des Wiederbeschreibens, aus dem sich der Name des Palimpsests ableitet. Als Palimpsest wird also ein Text bezeichnet, der zu Gunsten eines anderen Textes, einfach ausgelöscht wurde - das heißt es ist damit der ursprüngliche Text gemeint.

Das Palimpsestieren

Um den vorhandenen Text zu entfernen, gab es im Wesentlichen zwei Möglichkeiten. Man konnte den alten Text entweder mit einer Klinge oder einem Schaber von Papyrus oder Pergament abschaben bzw. abkratzen oder er wurde chemisch entfernt. Dabei kamen chemische Mittel zum Einsatz, wie etwa Zitronensäure.

Gründe für das Palimpsestieren

Es gab eigentlich nur einen Grund, warum man sich die Arbeit machte, ganze Buchseiten mühsam von vorhandener Schrift zu säubern: Pergament und schon früher Papyrus waren selten und kostbar. Und so nahm man einfach beschriebene Bücher oder Blätter, deren Inhalt man als entbehrlich einstufte, entfernte die vorhandene Schrift und beschrieb die entsprechenden Seiten wieder neu.

Nachteile des Palimpsestierens

Dabei konnte es dann natürlich passieren, dass man unwissentlich oder manchmal sogar mit Absicht wertvolle und im Fall der Absicht unerwünschte Texte vernichtete. Diese waren dann in der Regel für immer verloren, zumindest solange bis die Technik es wieder ermöglichte solche Texte in einigen Fällen wieder sichtbar zu machen.

Überschriebene Texte werden wieder sichtbar

Das Entfernen der alten Texte war in den meisten Fällen nicht vollständig und so ist es durchaus möglich Teile und in manchen Fällen auch ganze Texte wieder sichtbar und damit lesbar zu machen. Dies geschieht heute meist mittels Fluoreszenzfotografie. Früher wurden dafür unterschiedliche Tinkturen verwendet (etwa Gallapfel oder Giobertitinktur) um die Schrift wieder sichtbar zu machen oder man versuchte es mit Röntgenstrahlung.

Palimpsest des Archimedes 

Das Palimpsest des Archimedes ist wohl eines der bekanntesten Palimpseste. Dabei handelt es sich eigentlich um ein byzantinisches Gebetsbuch aus dem 13. Jahrhundert, für dessen Erstellung Seiten aus mehreren anderen Büchern bzw. Texten verwendet wurden, deren Inhalt vorher natürlich entfernt wurde. Unter anderem wurden dafür mindestens 7 Manuskripte mit Abschriften von Texten, die von Archimedes stammen und aus der 2. Hälfte des 10. Jahrhunderts datieren, verwendet (daher auch der Name Palimpsest des Archimedes). Während es für die meisten dieser Texte des Archimedes noch weitere Überlieferungen gibt, finden sich hier die einzigen Überlieferungen der Werke "Stomachion" und Methodenlehre, sowie die einzige griechische Version des Textes "Über schwimmende Körper". Im Jahr 1998 wurde dieses Gebetsbuch von einem unbekannten Sammler ersteigert und dem Walters Art Museum in Baltimore zur Verfügung gestellt, wo man begann die ursprünglichen und überschriebenen Texte wieder sichtbar zu machen. Diese wiedergefundenen Texte wurden auch öffentlich zur Verfügung gestellt (etwa hier).

Fazit

Mit den heutigen Mitteln lassen sich viele überschriebene Texte wieder lesbar machen, wenn man sie denn erst einmal findet. Denn es warten vermutlich wohl noch einige Texte in verstaubten Büchern in oft noch verstaubteren Regalen von Bibliotheken darauf, dass jemand sie entdeckt und wieder zugänglich macht. Dabei kann dann durchaus auch wieder ein lang verschollen geglaubtes oder noch gänzlich unbekanntes Werk dabei sein. Die Zukunft wird es zeigen.

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