200 Jahre Laufräder (Fahrräder)

Gerald Perfler - So., 05.03.2017 - 16:18
Bild einer Draisine Lokilech commons.wikimedia.org/wiki/File:Draisine_Nachbildung.jpg CC BY-SA 3.0

Heutzutage hat fast jeder ein Fahrrad, manche sogar mehr als nur eines. Das war vor 200 Jahren noch nicht so. Zu dieser Zeit waren noch Pferde und Kutschen die Fortbewegungsmittel der Wahl, wenn die Reise einmal etwas schneller oder weiter sein sollte.

Die Ausgangslage

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts, genauer gesagt 1815 brach der Vulkan Tambora aus. Was folgte war - hervorgerufen durch die Unmengen von Asche, die in die Atmosphäre katapultiert wurden und somit die Sonnenstrahlen von der Erde abhielten - ein Jahr, das als Jahr ohne Sommer in die Geschichtsbücher einging. Ein Jahr mit Missernten, daraus resultierender Verteuerung und Verknappung von Nahrungsmitteln und in weiterer Folge Hungersnöten und einer erhöhten Sterblichkeit von Nutztieren. Vielleicht war diese Krisensituation nicht der ausschlaggebende Grund dafür, dass die Draisine erfunden wurde, aber er hat die Erfindung und die Verbreitung sicher nicht behindert sondern eher begünstigt. 

Die Draisine

So war es nicht verwunderlich, dass man sich damit beschäftigte, wie man auch ohne der Kraft von Nutztieren Aufgaben bewältigen konnte, wie etwa das schnellere und bequemere Reisen von einem Ort zum anderen. Ein entsprechender Lösungsansatz war jener von Karl Drais, der ein Gefährt mit zwei hintereinander angeordneten Rädern, sowie einem Lenker und einem Sattel entwarf, das dadurch bewegt wurde, dass man sich mit den Füßen am Boden abstieß und dann nach vorne rollte. Dabei handelte es sich um das erste Fahrzeug, bei dem zwei Räder hintereinander angeordnet wurden - der Vorläufer des Fahrrads war erfunden. Die erste Fahrt mit seinem neu entwickelten Gefährt, das Drais Laufmaschine nannte, unternahm Karl Drais am 12.6.1817 in Mannheim von seinem Wohnhaus aus zum Schwetzinger Relaishaus. Die Bezeichnung Draisine, die auf den Namen des Erfinders hinweist, geht zurück auf die zahlreichen der Erfindung folgenden Zeitungsberichte, in denen das neuartige Verkehrsmittel so genannt wurde. Die Benutzer_innen derselben wurden als Draisinenreiter bezeichnet. Die Draisine wog ca. 20 kg, man erreichte mit ihr in etwa die 3 fache Gehgeschwindigkeit und benötigte idealerweise eine möglichst ebene Fläche/Straße. Gerade der letzte Umstand führt dann schnell zu Problemen. Denn aufgrund der schlechten Straßenverhältnisse der damaligen Zeit, die ja durch Kutschen und dergleichen ziemlich zerfurcht und unsauber waren, wichen viele Draisinenfahrer auf die Gehwege aus, was dann verständlicherweise zu Problemen mit den Fußgänger_innen führte. Aus diesem Grund wurde das Fahren auf Gehwegen in vielen Orten verboten und die Draisine verlor mangels Fahrmöglichkeiten an Bedeutung. 

Von der Draisine zum Fahrrad

Der Erfolg des Fahrrads war aber nicht mehr aufzuhalten, es bedurfte jedoch noch einiger Entwicklungsschritte, bis zum Fahrrad wie wir es heute kennen. Die wichtigsten Entwicklungsschritte seien hier kurz zusammengefasst:

  • Entwicklung des Pedalantriebs: Der Pedalantrieb wirkte direkt auf die Achse des Vorderrads, womit man nicht mehr mit den Füßen am Boden laufen musste.
  • Entwicklung des Hochrads: Durch den Pedalantrieb wurde es schwieriger die Balance beim Fahren zu halten, weshalb man die Sitzposition nach vorne und oben ändern musste. Dies ermöglichte die Sitzposition gleich so zu wählen, dass man mit den Füßen gar nicht mehr den Boden berühren musste, womit man auch den Durchmesser des Antriebrades vergrößern und damit die Geschwindigkeit des Gefährts erhöhen konnte.
  • Entwicklung des Niederrads: Mit dem Hochrad hatte man aufgrund der Konstruktionsweise eine ziemlich hohe Sturzgefahr. Die Lösung dieses Problems war die Erfindung des Kettenantriebs zum Hinterrad und die damit einhergehende Verlagerung der Pedale zwischen Vorder- und Hinterrad. Dadurch war es möglich die Räder wieder zu verkleinern bis das Rad dann jenes Aussehen erhielt, wie wir es heute kennen.

Vom Fahrrad zur Draisine

Ende des 20. Jahrhunderts schloss sich dann der Kreis und man besann sich wieder der Draisinen, wenngleich für einen anderen Verwendungszweck, nämlich als Kinderlaufräder. So sieht man heute immer wieder Kleinkinder mit Laufrädern durch die Landschaft rauschen, wobei die heutigen Laufräder natürlich moderner und vor allem kleiner sind als jene Draisine, mit der Karl Drais einst seine erste Radtour unternahm.

Links: