Leben wir im Anthropozän?

Abbildung der Ausdehnung des Ozonlochs auf der Südhalbkugel vom 3.10.2010DLRhttps://commons.wikimedia.org/wiki/File:Ozonloch.jpgCC BY 3.0

Nach bisheriger weit verbreiteter und von Forschern definierter Ansicht befinden wir uns aktuell seit dem Ende der letzten Eiszeit vor ca. 12.000 Jahren im Zeitalter des Holozän. Doch einige Forscher sind der Meinung, dass das Holozän mittlerweile von einem neuen Zeitalter abgelöst wurde, in welchem die Menschheit zum bestimmenden Faktor wurde. Anhänger dieser Idee heben den Einfluss des Menschen auf die Gestaltung der Erdoberfläche und seinen Einfluss auf das Klima hervor und haben ein neues Zeitalter definiert, dem sie den Namen Anthropozän gegeben haben.

Der Begriff Anthropozän

Auf Wikipedia findet man für den Begriff Anthropozän folgende Definition:

"Unter dem Namen Anthropozän (altgriechisch: „Das menschlich [gemachte] Neue“ – altgriechisch ἄνθρωπος, ánthropos, „Mensch“ und καινός, „neu“) wird die Benennung einer neuen geochronologischen irdischen Epoche vorgeschlagen: Sie soll den Zeitabschnitt umfassen, in dem der Mensch zu einem der wichtigsten Einflussfaktoren auf die biologischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse auf der Erde geworden ist."(Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Anthropoz%C3%A4n; 02.12.105)

Wesentlich für den Begriff des Anthropozän ist also die Feststellung, dass der Mensch zum wesentlichsten Einflussfaktor auf die verschiedensten Prozesse auf der Erde geworden ist.

Idee hinter der Einführung eines neuen Zeitalters

Die Idee ein neues Zeitalter einzuführen ist nicht neu, denn schon im 19. Jahrhundert gab es dementsprechende Überlegungen. Der Begriff des Anthropozän selbst geht zurück auf Paul Crutzen und Eugene F. Stoermer, die im Jahr 2000 mit der Einführung dieser Bezeichnung "Anthropozän" ausdrücken wollten, dass der Mensch zu einem geologischen Faktor geworden sei. Seither wird in Fachkreisen darüber diskutiert, ob es überhaupt genügend Anhaltspunkte dafür gibt, ein neues Zeitalter zu definieren.

Gründe für die Theorie eines neuen Zeitalters

Befürworter der Theorie des Anthropozän begründen die Einführung eines neuen Zeitalters vor allem durch die Eingriffe des Menschen in die Natur und die bereits jetzt mehr oder weniger sichtbaren Folgen dieser Eingriffe. Dabei werden immer wieder der Klimawandel, das Artensterben, das Ozonloch, der radioaktive Staub und die starke Nutzung der Ressourcen als Begründungen für diesen Schnitt angeführt. All diese Parameter erfahren seit einiger Zeit einschneidende Veränderungen, die auf den Einfluss des Menschen zurückzuführen seien und somit die Einführung eines neuen Zeitalters gerechtfertigt erscheinen lassen.

Der Beginn des Anthropozän

Je nachdem welche Parameter man betrachtet, gibt es unterschiedliche Vorschläge, ab wann man vom Zeitalter des Anthropozän sprechen könnte. Dabei haben sich derzeit vor allem 3 Ansätze verfestigt:

(1) Zeitraum zwischen 1570 und 1620: In diesem Zeitraum kam es zu einem Absinken der globalen CO2 Konzentration aufgrund der Dezimierung der amerikanischen Ureinwohner durch die Europäer und der damit einhergehenden Überwucherung von einstigen Ackerflächen durch Urwälder.

(2) Das späte 18. Jahrhundert: Durch die industrielle Revolution kam es zu einer Erhöhung der CO2 und Methan Konzentrationen sowie zur Bildung eines Ozonlochs.

(3) Zeitraum zwischen 1945 und 1963: In diesem Zeitraum griff das Moskauer Atomteststoppabkommen, weshalb Atomtests nun unterirdisch durchgeführt wurden. Diese Tests produzierten jedoch nach wie vor radioaktive Partikel, welche sich auf der Erde ablagerten und somit genauso ihre Spuren hinterließen wie andere Zivilisationsprodukte wie etwa Plastik.

Kritik an der Theorie eines neuen Zeitalters

Aber es gibt auch Stimmen, die gegen die Einführung einer neuen Epoche sind. Diese sehen im Bestreben ein "Zeitalter des Menschen" einzuführen einerseits den Versuch der Menschheit eine besondere Rolle zuzuschreiben und andererseits das Bestreben die Debatte um die Klimaänderungen in eine bestimmte Richtung zu beeinflußen. Kritiker aus dem Bereich der Erdwissenschaften weisen daraufhin, dass die Veränderungen, welche für die Definition des Anthropozän herangezogen wurden, nicht in allen Erdteilen gleichzeitig aufgetreten sind, was aber eine Voraussetzung für die Definition eines neuen Zeitalters wäre. Noch dazu hätte man die Eingriffe des Menschen ja bereits als Grundlage für die Definition des Holozän herangezogen. Des weiteren wird von einigen Kritikern darauf hingewiesen, dass die Definition einer Epoche, die hauptsächlich in der Gegenwart bzw. in der Zukunft liegt, wissenschaftlich problematisch sei und auch die Menge der Sedimente, die für die Begründungen herangezogen werden, noch sehr gering sei. 

Ausblick:

Die Diskussionen um die etwaige Einführung des Anthropozän werden derzeit recht intensiv geführt. Die Entscheidung darüber, ob es zu dieser Einführung kommt, wird letztendlich von der ICS (International Commission on Stratigraphy) - einer Unterorganisation der IUGS (International Union of Geological Sciences) - getroffen werden, denn diese ist für die Erstellung und Einhaltung der Zeitskala für die Geschichte der Erde zuständig. Von Seiten der ICS wurde bereits eine eigene Arbeitsgruppe eingesetzt und eine Entscheidung für oder gegen das Anthropozän als neues Zeitalter könnte bereits beim 35. Internationalen Geologischen Kongress im Spätsommer 2016 in Kapstadt fallen.

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