Lesebestätigungen - Zeichen unserer Zeit

grüner Haken in schwarzem quadratischem Feldkropekk_plhttps://pixabay.com/de/illustrations/überprüfen-checkliste-haken-vogel-1769866/Pixabay License

Mit dem Aufkommen schriftlicher Kommunikation wollte man natürlich auch sichergehen, dass die entsprechenden Nachrichten ihr Ziel erreichten und die Nachrichten dort vernommen wurden. Dies war sicher nicht für alle Nachrichten unbedingt erforderlich, aber Marschbefehle, Haftbefehle, Handelsabkommen, Friedensangebote und dergleichen sollten natürlich schon ihr Ziel und ihre Empfänger_innen erreichen und am Besten sollte der_die Absender_in noch dazu die Sicherheit haben, dass die Botschaften bei den entsprechenden Zielpersonen angekommen sind. Nur dann konnte man sicherstellen, dass etwa eine fehlende Antwort nicht unbedingt eine Ablehnung eines Vorschlags bedeuten musste, sondern schlicht und ergreifend auch darauf zurückzuführen sein konnte, dass die Nachricht gar nicht beim_bei der vorgesehenen Empfänger_in angekommen ist. Aber wie konnte man dies erreichen?

Ein Bote als Lesebestätigung

Versetzen wir uns einmal in jene Zeit zurück, als schriftliche Nachrichten noch per Bote oder Kurier übermittelt wurden. Wie konnte der_die Absender_in einer Nachricht zu dieser Zeit sicherstellen, dass die Nachricht vom_von der Empfänger_in überhaupt gelesen wurde? Richtig: Wenn ein_ Bote_in oder Kurier_in mit einem Antwortschreiben wieder zurückkam, konnte man wohl davon ausgehen, dass die Nachricht den entsprechenden Adressaten erreicht hatte. Auf das Problem, dass die Nachricht auf ihrem Weg auch andere unbeabsichtigte Leser_innen gefunden haben könnte, wollen wir hier an dieser Stelle einmal nicht näher eingehen.

Eingeschriebene Briefe

In späteren Zeiten und bis in die Gegenwart hinein ist und war es dann genauso wichtig, bei gewissen Nachrichten oder Benachrichtigungen eine Bestätigung darüber zu erhalten, dass die Nachricht beim_bei der Empfänger_in angekommen ist. Man denke hier etwa nur an jene eingeschriebenen Briefe, welche man von Behörden erhält. Das ist auch nachvollziehbar, geht es hier doch oft um Bescheide, Vorladungen und Fristen, die einem nachweislich zur Kenntnis zu bringen sind und dies lässt sich mit einer Empfangsbestätigung erreichen. Ob die Nachricht dann allerdings tatsächlich gelesen wird, kann durch die Empfangsbestätigung natürlich nicht gewährleistet werden. Aber dem Gesetzgeber genügt bereits eine Bestätigung über die Zustellung als Beleg dafür, dass der Inhalt zur Kenntnis genommen wurde.

Die Bestrebungen eine Bestätigung darüber zu erhalten ob ein_e Empfänger_in eine bestimmte Nachricht erhalten und gelesen hat, gehen allerdings mittlerweile immer weiter.

Empfangs- und Lesebestätigungen der modernen Kommunikation

Empfangsbestätigungen, die bei manchen E-Mails verlangt werden, sind bereits wohlbekannt. Ebenso war es seit Beginn des SMS-Dienstes möglich zumindest eine Sendebestätigung zu erhalten. Allerdings handelte es sich hier wirklich nur um eine Bestätigung, dass die SMS zugestellt wurde und keine Lesebestätigung. Mittlerweile sind jedoch andere Kommunikationsplattformen auf den Geschmack gekommen und haben Funktionen eingeführt, mit denen die Benutzer_innen sofort erkennen können, ob und wann eine Nachricht gelesen wurde. Bei Whatsapp geschieht dies etwa in Form von blauen Haken, die einem anzeigen, ob und auch wann eine gesendete Nachricht vom_von der Empfänger_in gelesen wurde und Mitbewerber von Whatsapp haben teilweise bereits ähnliche Funktionen eingeführt. Der_die Absender_in kann durch solche Funktionen also sofort erkennen, wann der_die Empfänger_in die Nachricht gelesen hat.

Fluch oder Segen

Sind Lesebestätigungen jetzt ein Fluch oder ein Segen? Welche Antwort man auf diese Frage erhält wird davon abhängen, wen man fragt. Jene die Lesebestätigungen positiv gegenüber stehen, werden argumentieren, dass man mit Lesebestätigungen gleich nachvollziehen kann, ob der_die Kommunikationspartner_in diese auch zur Kenntnis genommen hat. Eltern könnten Kindern eine Nachricht senden und wüssten gleich ob diese erstens angekommen ist und zweitens gelesen wurde. Ausreden der Art "Ich habe die Nachricht nicht bekommen oder noch nicht gelesen" sind dann nicht mehr glaubwürdig. Und genau hier haken die Gegner_innen der Lesebestätigungen ein. Sie sehen in deren Einführung einen weiteren Schritt zu einer vollkommenen Überwachung der eigenen Person. Denn mit der Einführung von Sende- und Lesebestätigungen steigen natürlich die Erwartungen, dass Nachrichten sofort gelesen werden und vor allem dann auch gleich darauf reagiert wird. Der_die Absender_in weiß ja wie lange es bis zu einer Reaktion auf die Nachricht gedauert hat.

Fazit

Bei allen Vorteilen, die es durchaus haben kann, wenn man eine Lesebestätigung für eine Nachricht erhält, v.a. in Hinblick auf behördliche Schriftstücke oder wenn man nachweislich wichtige Informationen senden muss, brauche zumindest ich persönlich keine Lesebestätigung für alle meine versendeten Nachrichten. So wichtig sind diese dann meistens nicht - und wenn etwas sehr wichtig ist, kann die entsprechende Nachricht ebenso per Telefon übermittelt werden, was ohnehin viel persönlicher ist. Vielleicht sind Lesebestätigungen aber - und hier komme ich zum Titel des Artikels - ein Zeichen unserer Zeit, in der der einzelne Mensch immer und überall auf alles Zugriff und über alles Kontrolle haben will und sich dabei gleichzeitig aus freiem Willen von überall und von allen kontrollieren lässt.

 

P.S.: Nach einigen Protesten können die Haken in Whatsapp mittlerweile wieder deaktiviert werden, sodass es für Kommunikationspartner_innen nicht mehr nachvollziehbar ist, ob und wann man eine Nachricht gelesen hat. Entscheidet man sich für das Deaktivieren der Haken, so kann man dann allerdings auch keine Informationen mehr darüber erhalten, ob die eigenen gesendeten Nachrichten von den Empfängern_innen gelesen werden. Sozusagen ganz nach dem Motto "Wie du mir so ich dir".

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