Bitcoin - "Stairway to heaven" oder "Highway to hell"?

Hand mit frei darüber schwebender Münze, die mit einem B beschriftet ist, im Hintergrund ein Pfeil der einen Kursanstieg nach oben zeigtgeraltpixabay.com/de/bitcoin-b%C3%B6rse-gewinn-aktie-steigen-2643188CC0

Bitcoins sind zur Zeit in aller Munde. Ein Kursrekord nach dem anderen wird medial aufbereitet der Welt präsentiert. Es wird debattiert, ob Bitcoins jetzt die Lösung aller Finanzprobleme sein könnten, hervorgehoben, dass es sich um eine Währung handelt, die völlig sicher und unabhängig ist, und kritisiert, dass es sich um ein reines aufgeblasenes Schneeballsystem handelt, das irgendwann kollabieren und dabei viel Schaden anrichten wird. Was davon stimmt jetzt aber und was steckt wirklich dahinter? Wie funktioniert das System Bitcoin überhaupt? Diesen Fragen soll im folgenden Artikel kurz nachgegangen werden, wobei gleich vorausgeschickt wird, dass es sich teilweise um eine sehr komplexe Materie handelt, die hier nur vereinfacht und kurz erläutert werden soll.

Dezentrales Buchungssystem

Bei Bitcoin handelt es sich um eine digitale Währung, genauer gesagt um ein dezentrales Buchungssystem. Während bei Banken und anderen Onlinewährungen (etwa Paypal) Guthaben von einem Konto, das auf einem zentralen Server verwaltet wird, abgebucht und dieses (evtl. nach Abzug einer entpsprechenden Transaktionsgebühr) einem zweiten Konto gutgeschrieben wird, funktioniert das bei dezentralen Buchungssystemen anders. Bei ihnen gibt es eigentlich keine Kontostände mehr und auch keine Server, welche die Kontostände verwalten. Hier ist die sogenannte Blockchain das Maß aller Dinge und die eigene Bitcoinadresse ersetzt das Konto. Wer also etwa Bitcoins verwenden möchte, muss sich zuerst einmal eine Bitcoinadresse besorgen. Diese Bitcoinadresse umfasst 2 unterschiedliche Schlüssel, einen privaten und einen öffentlichen, die für Transaktionen wichtig sind. Mit dem privaten Schlüssel, der geheim gehalten werden sollte, werden eigene Überweisungen signiert und mit dem öffentlichen Schlüssel erfolgt der Nachweis, dass man im Besitz der entsprechenden Berechtigung (sprich des passenden privaten Schlüssels) ist. Wenn man eine Überweisung tätigt, also signiert, wird diese nicht an einen Server weitergeleitet, sondern verschlüsselt in der sogenannten Blockchain eingetragen - daher stammt auch die Bezeichnung Kryptowährung. In dieser Blockchain sind alle Übertragungen von Bitcoins seit Einführung derselben gespeichert. Aber wo liegt jetzt diese Datei namens Blockchain? Überall und nirgends. Denn das Netzwerk von Bitcoin ist ein sogenanntes peer to peer Netzwerk, in dem alle Teilnehmer_innen die gleichen Rechte besitzen. Die Blockchain wird dann in mehreren Bitcoin-Knotenpunkten gespeichert und aktuell gehalten. Damit dabei kein Durcheinander entsteht, werden getätigte Überweisungen der Reihe nach abgearbeitet, wofür sogenannte Miner sorgen, die dafür die Transaktionsgebühr in Form von Bitcoins erhalten. Die Transaktionsgebühr ist notwendig um sinnlose Überweisungen, die das System massiv stören würden, zu verhindern und pro Transaktion wird per Lotterie gelost, welcher Miner den entsprechenden Anteil an Bitcoins erhalten soll. Wenn mehrere Rechner/Miner die Gültigkeit des neuen Blocks bestätigt haben, wird er an die Blockchain angehängt, also mehr oder weniger eingetragen. Nach erfolgtem Eintrag wird die neue Blockchain wieder an alle Knotenpunkte des Bitcoin Netzwerks verteilt und die nächste Überweisung kann wieder eingetragen werden. Und woher kennt man jetzt die Höhe des eigenen Guthabens? Dafür sorgen digitale Wallets, die mit der eigenen (oder auch mehreren) Bitcoinadresse(n) verbunden werden und die dann den jeweiligen Kontostand berechnen.

Bitcoin und Co

Bitcoin ist längst nicht die einzige digitale Kryptowährung, wenngleich sie die erste und bekannteste und mit ca. 56,2 % Marktanteil (Stand 1.12.2017) die am weitesten verbreitete ist. Daneben gibt es noch zahlreiche andere (zur Zeit über 3000), die teilweise im Moment (Dezember 2017) die gleichen Kursausschläge aufweisen, wie etwa Ethereum (13,7 %) und Bitcoin Cash (7,5 %). Eine Liste mit den bekanntesten Kryptowährungen, kann man hier finden.

Vorteile von Kryptowährungen

Verfechter der Kryptowährungen führen vor allem diese Vorteile an:

  • Schnelle Abwicklung: Es gibt keine Stelle, die den Zahlungsverkehr verzögern kann. Sobald die Korrektheit der Überweisung bestätigt und die Überweisung in die Blockchain eingetragen wurde, kann der_die Empfänger_in über das Geld verfügen (in der Regel innerhalb von Sekunden oder Minuten).
  • Geringe oder keine Transaktionsgebühren: In der Regel fallen kleine Transaktionsgebühren an, oft gemessen an der übertragenen Datenmenge - also unabhängig von der Höhe des Betrags oder dem Wohnort des_der Empfängers_in, zur Abdeckung der Kosten für den Ausbau und Betrieb des jeweiligen Netzwerks.
  • Hohe Sicherheit:
    • Geldübertragungen erfolgen verschlüsselt.
    • Das System ist quelloffen und dezentral, kann also von keinem Staat und keiner Institution kontrolliert werden.
    • Bitcoins sind im eigenen Besitz und liegen nicht auf einem Server, man benötigt also kein Vertrauen in eine Institution, dass das Vermögen auch erhalten bleibt.
  • Hohe Verfügbarkeit: Das System funktioniert überall und rund um die Uhr, Voraussetzung ist nur eine Internetverbindung.
  • Einfacher Geldtransfer zwischen Personen: Mittels NFC und entsprechendem QR-Code können schnell und unkompliziert Geldbeträge zwischen Personen transferiert werden.

Bedenken

Aber wie bei jedem System, gibt es auch hier viele Kritiker, die ihre Bedenken äußern:

  • Kein materieller Wert als Basis: Hinter Bitcoins steckt kein tatsächlicher Wert, wie es etwa bei Geld von Notenbanken der Fall ist, die Goldreserven als Deckung aufweisen.
  • Softwarefehler: Fehler bei der Software können zu irreversiblen Verlusten führen.
  • Hardwarefehler, -verlust: Verliert man den Datenträger und/oder den Zugang zur Bitcoinadresse, hat man auch keinen Zugang mehr zu den eigenen Bitcoins.
  • Hohe Kursschwankungen: Bitcoins weisen v.a. derzeit (Dezember 2017) sehr hohe Kursschwankungen auf, die nicht immer nur nach oben gehen müssen/werden. Da keine materiellen Werte zur Deckung vorhanden sind, kann es auch zum Totalverlust kommen.
  • Hoher Stromverbrauch: Für die Erzeugung neuer Bitcoins und zur Verarbeitung der Transaktionen wird eine hohe Menge an Strom verbraucht.
  • Keine Regulierung: Es gibt keine Stelle, die regulierend auf das System eingreifen kann, sollte dies notwendig sein.

Fluch oder Segen

Sind digitale Währungen jetzt das ideale gleichberechtigende Geldsystem, als das es viele sehen, sind sie eine nette und in manchen Bereichen durchaus sinnvolle Ergänzung zu den bestehenden Zahlungsformen oder handelt es sich bei ihnen um einen Hype, der früher oder später zu Ende sein wird und dann viel Vermögen vernichtet haben wird? Die Antwort auf diese Frage wird davon abhängen, wen man fragt. Ein Zahlungssystem, das abgekoppelt von staatlichen Stellen agiert, kann unkompliziert und gleichberechtigend sein, aber auch für illegale Transaktionen genutzt werden und viele Menschen innerhalb kürzester Zeit in den finanziellen Ruin treiben, auch wenn es bei all den steigenden Kursen im Moment nicht danach aussehen mag. Mich erinnert der schnell ansteigende Kurs sehr an die Tulpenmanie zu Beginn des 17. Jahrhunderts. Einer Phase, in der Tulpenzwiebeln immer höhere Preise erzielten und man begann, sich Tulpenbestände zu sichern und auch zu verkaufen, ehe sie überhaupt existierten (klassische Termingeschäfte), folgte der große Crash als die Preise fielen, aber die bestehenden Vereinbarungen eingehalten werden mussten. Manche Kritiker bezeichnen das Bitcoinsystem auch als Ponzi Schema. Sie kritisieren, dass der Kurs nur dadurch steigt, dass immer mehr neue Nutzer_innen hinzukommen, was den Wert von Bitcoins immer mehr erhöht. Wenn das System dann zusammenbricht, werden viele Menschen ihre Existenz verloren und einige wenige, die rechtzeitig ausgestiegen sind, unglaubliche Gewinne erzielt haben. Als sehr problematisch könnte sich auch der hohe Stromverbrauch erweisen, da das Bitcoinsystem sehr stromintensiv ist. Für den November 2017 wird der Stromverbrauch mit 0,13 % des weltweiten Gesamtstromverbrauchs angegeben. Falls der Stromverbrauch des Bitcoinsystems weiterhin so zunimmt wie bisher, würde das Bitcoinsystem im Juli 2019 so viel Strom verbrauchen wie die gesamten USA und im Februar 2020 so viel wie die gesamte Welt heute. Aber solchen Prognosen haftet immer eine große Unsicherheit an und vor allem ist kein Crash eingerechnet, mit dem mittlerweile doch sehr viele rechnen. Denn wie lautet schon ein bekanntes Sprichwort: "What goes up must come down." Also schauen wir einmal wie die Entwicklung weiter verläuft - mit oder ohne Bitcoins.

 

P.S.: Als ich den Artikel vor den Weihnachtsferien 2017/18 zu schreiben begonnen habe, war der Kurs bei ca. 19.000 $, kurz vor Jahreswechsel dann bei 12.500 $ und jetzt nach den Weihnachtsferien wieder bei ca. 16.000 $ und ein Jahr später (Weihnachten 2018) bei 4.000 $ ....

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