KI im Klassenzimmer: Südkorea setzt Maßstäbe – und Österreich kann davon lernen

Südkorea hat den Sprung gewagt: Seit März 2025 arbeiten Grund‑, Mittel‑ und Oberschüler:innen in Englisch, Mathematik und Informatik mit KI‑gestützten digitalen Schulbüchern. Die Plattformen analysieren jede Eingabe in Echtzeit, passen Aufgaben automatisch an und zeigen der Lehrkraft, wer gerade Unterstützung oder Herausforderung braucht. Dieses System ist Teil einer nationalen Digitalstrategie, die Tablets für alle, flächendeckendes WLAN 6 und ein Netzwerk von IT‑Supportkräften umfasst. Gleichzeitig investiert das Bildungsministerium bis 2026 Milliarden Won in Lehrerfortbildungen, damit Pädagoginnen nicht nur Technik beherrschen, sondern Unterricht neu denken: weg vom Frontalvortrag, hin zu Coaching, Projektarbeit und reflektiertem Einsatz von KI. Erste Erfahrungsberichte klingen vielversprechend. Lehrkräfte berichten über geringeren Korrekturaufwand sowie motivierte Schüler:innen, die in ihrem eigenen Tempo lernen. Kritik gibt es trotzdem – etwa zur steigenden Bildschirmzeit und zum Datenschutz –, doch transparente Richtlinien und Wahlfreiheit für Schulen stärken das Vertrauen.
Österreich steht am Anfang eines ähnlichen Weges. Mit der Geräteinitiative „Digitales Lernen“ besitzen inzwischen fast alle Schüler:innen ein persönliches Laptop oder Tablet. E‑Books und E‑Books Plus sind Standard. Was bisher fehlt, ist flächendeckende adaptiv‑intelligente Lernsoftware. Genau hier setzt das neue Pilotprojekt an: Seit diesem Schuljahr erproben 100 KI‑Pilotschulen ChatGPT‑ähnliche Assistenten, automatische Diagnose‑Tools und adaptive Übungsplattformen. Die wissenschaftliche Begleitung soll klären, wo KI den Unterricht bereichert, wo Grenzen liegen und welche Rahmenbedingungen (Datenschutz, Infrastruktur, Didaktik) nötig sind.
Parallel baut Österreich sein Weiterbildungsangebot massiv aus. Pädagogische Hochschulen bieten Lehrgänge zu „KI & Bildung“, die von Prompt Engineering bis zu ethischen Fragen reichen. Ein offener KI‑MOOC vermittelt Grundwissen für alle Lehrkräfte. Im eEducation‑Netzwerk tauschen über 4.000 Schulen Erfahrungen zu digitalen Tools aus, immer öfter mit KI‑Schwerpunkt. Diese Communityansätze erinnern an Südkorea, wo professionelle Lerngemeinschaften ein Schlüssel zum Erfolg sind.
Was Österreich konkret mitnehmen kann:
Personalisiertes Lernen schrittweise etablieren.
Schon heute existieren Lern‑Apps, die Aufgaben an den Leistungsstand anpassen. Schulen können sie zunächst im Förderunterricht einsetzen und Erfahrungen sammeln, bevor sie ganze Klassen oder Jahrgänge umstellen. Dabei gilt: Klein anfangen, Wirkung messen, dann skalieren.- Rollenwandel aktiv gestalten.
Wenn KI Routineaufgaben wie das Korrigieren übernimmt, entsteht Freiraum für Feedback‑Gespräche, Teamarbeit und Kreativprojekte. Schulinterne Fortbildungen – etwa „Kollegiale Unterrichtshospitation mit KI‑Fokus“ – helfen, diese neue Balance zu finden.
- Datenschutz und Ethik früh klären.
Südkorea hat strenge Auflagen für KI‑Schulbücher. Österreich sollte beim Einsatz cloudbasierter KI‑Dienste ebenso konsequent sein: Ideal sind europäische oder lokal gehostete Lösungen, klare Einwilligungsprozesse sowie Leitfäden für einen verantwortungsvollen Umgang.
- Supportstrukturen ausbauen.
Technik funktioniert nur mit Menschen dahinter. Südkorea stellt an jeder Schule IT‑Assistenzkräfte bereit – ein Modell, das Österreichs Schulträger ebenfalls prüfen sollten, um Lehrkräfte zu entlasten.
Südkoreas Erlebnis zeigt, dass individualisiertes Lernen mit KI Unterricht spürbar verändern kann, sofern Infrastruktur, Lehrerqualifizierung und Datenschutz zusammenspielen. Österreich hat die Hardwarebasis geschaffen und startet nun mit Erprobungsräumen. Entscheidend wird sein, Erfolge und Stolpersteine der Pilotschulen transparent auszuwerten, dabei Schüler‑ und Elternfeedback einzubeziehen und eine langfristige Finanzierung sicherzustellen. Gelingt dieser Balanceakt, könnte in wenigen Jahren auch hierzulande ein Unterrichtsalltag entstehen, in dem KI routinemäßig differenziert, Lehrkräfte coachen und jedes Kind im optimalen Tempo lernen darf – ein Quantensprung für Chancengerechtigkeit und Bildungsqualität.
Quellen:
Künstliche Intelligenz – Chance für Österreichs Schulen (BMBWF)
Digitalisierungsbilanz (schule.at)