Sprechen wir bald alle wie ChatGPT?

Warum Schülertexte plötzlich so „glatt“ klingen und was das für den Unterricht bedeutet.
Haben Sie in letzter Zeit eine Hausübung oder eine Arbeit gelesen und sich gewundert? Die Grammatik war fehlerfrei, die Sätze klangen eloquent, und doch wirkte der Text irgendwie merkwürdig unpersönlich. Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, dass bestimmte Wörter, die Ihre Schülerinnen und Schüler früher nie verwendet hätten, plötzlich in jedem zweiten Satz auftauchen. Sätze beginnen oft mit „In der heutigen, komplexen Welt“ oder enden fast schon zwanghaft mit „Zusammenfassend lässt sich sagen“.
Sie bilden sich das nicht ein. Aktuelle Studien zeigen, dass wir Menschen beginnen, die Sprache der Künstlichen Intelligenz zu übernehmen.
Der „Delve“-Effekt: Ein Beweis aus der Forschung
Wissenschaftler haben Millionen von wissenschaftlichen Vorträgen und Texten analysiert und dabei ein faszinierendes Phänomen entdeckt. Seit der Veröffentlichung von ChatGPT ist die Häufigkeit bestimmter Wörter sprunghaft angestiegen. Im Englischen ist das Wort „delve“ (sich vertiefen, graben) das beste Beispiel. Früher wurde es selten genutzt, heute ist es in KI-Texten allgegenwärtig und nun auch immer öfter in Texten zu finden, die von Menschen stammen.
Dieses Phänomen nennt man „Priming“. Wir Menschen sind soziale Wesen. Wenn wir viel Zeit mit einem Gesprächspartner verbringen, passen wir uns unbewusst an dessen Sprachstil an, um besser verstanden zu werden oder sympathischer zu wirken. Wir tun das jetzt auch bei Maschinen. Weil die KI höflich, distanziert und strukturverliebt formuliert, übernehmen wir diesen „Sound“. Wir lagern das Formulieren an die Maschine aus und gewöhnen uns an ihre Floskeln.
Woran erkennen wir „KI-Deutsch“ im Klassenzimmer?
Auch wenn die Studie primär englische Texte untersuchte, lässt sich der Effekt in unseren Klassenzimmern beobachten. KI-Modelle haben einen ganz bestimmten „Akzent“. Sie vermeiden Ecken und Kanten, sind extrem harmoniebedürftig und nutzen gerne Füllwörter, die Kompetenz simulieren.
Typische Merkmale, auf die Sie achten können:
Die ewige Einleitung
Texte beginnen oft mit einem weiten Ausholen, etwa „In der sich ständig wandelnden Landschaft der Digitalisierung...“.
Aufgeblähte Wichtigkeit
Wörter wie „entscheidend“, „unerlässlich“ oder „essentiell“ werden inflationär gebraucht, auch bei banalen Themen.
Strukturverliebtheit
Die KI liebt Aufzählungen und logische Brücken wie „Des Weiteren“, „Darüber hinaus“ und „Andererseits“. Texte wirken dadurch oft wie eine abgearbetete Checkliste.
Metaphern-Salat
Ausdrücke wie „in das Thema eintauchen“ (die Übersetzung von „delve into“) oder „ein komplexes Gewebe“ wirken oft etwas hölzern und übersetzt.
Der Verlust der eigenen Stimme
Für uns in Österreich und speziell in Tirol hat das eine besondere Relevanz. KI-Modelle werden meist mit „Hochdeutsch“ trainiert, das oft bundesdeutsch geprägt ist. Regionale Färbungen, Austriazismen oder gar Dialekt haben in der statistischen Wahrscheinlichkeitsrechnung der KI kaum Platz.
Wenn Schülerinnen und Schüler lernen, dass der „glatte“ KI-Stil der Standard für gute Noten ist, riskieren sie, ihre eigene, authentische Stimme zu verlieren. Ein Text, der grammatikalisch perfekt ist, aber keine persönliche Haltung mehr erkennen lässt, ist pädagogisch oft weniger wertvoll als ein Aufsatz mit Ecken, Kanten und echter Meinung. Wir laufen Gefahr, eine Generation heranzuziehen, die hervorragend darin ist, Kompetenz zu simulieren, aber verlernt, eigene, vielleicht unperfekte Gedanken zu formulieren.
Ein Verbot von KI ist weder sinnvoll noch durchsetzbar. Stattdessen sollten wir den „KI-Sound“ zum Thema machen.
Idden zur Umsetzung
KI-Detektive spielen
Legen Sie der Klasse einen KI-Text und einen menschlichen Text vor. Lassen Sie die Schüler die Unterschiede suchen. Das schärft das Bewusstsein für die leeren Worthülsen der Maschine.
Mut zum Lokalen
Fördern Sie bewusst Aufgaben, bei denen Dialekt oder regionale Sprache erlaubt oder gefordert ist. Hier scheitert die KI oft noch, und die Schüler spüren ihre eigene sprachliche Überlegenheit.
Prozess vor Produkt
Bewerten Sie nicht nur den fertigen Text. Lassen Sie sich Entwürfe zeigen oder führen Sie kurze Gespräche über den Inhalt. Wer Begriffe wie „essenzielle Implikationen“ im Text nutzt, sollte sie auch mündlich erklären können.
Die KI ist ein mächtiges Werkzeug, aber wir sollten sie nutzen, um Aufgaben zu erledigen. Sie sollte uns nicht das Denken und Sprechen abnehmen.
Dieser Artikel wurde KI unterstützt formuliert. (Google Gemini)