KI-Kompetenz als Bildungsauftrag

Was der neue AILit Framework für Schulen bedeutet
Künstliche Intelligenz verändert nicht nur unseren Alltag, sondern auch die Bildungswelt. Während Schülerinnen und Schüler längst mit KI-Tools experimentieren, fehlt es vielen noch an einem fundierten Verständnis für Chancen, Grenzen und ethische Fragen. Genau hier setzt der neue "AI Literacy Framework for Primary and Secondary Education" (AILit Framework) an, ein Entwurf, der im Mai 2025 von der Europäischen Kommission, der OECD und weiteren Partnern vorgestellt wurde. Das Ziel ist, ein gemeinsamer europäischer Rahmen für KI-Kompetenz, der weit über technische Fähigkeiten hinausgeht.
KI-Kompetenz – mehr als Toolwissen
Das AILit Framework versteht unter KI-Kompetenz eine Kombination aus technischem Grundverständnis, praktischen Fähigkeiten und ethischer Haltung. Es geht nicht darum, ein Sprachmodell zu bedienen, sondern darum, KI zu durchschauen, zu hinterfragen und sinnvoll einzusetzen. Schülerinnen und Schüler sollen KI nicht nur nutzen, sondern mitgestalten, verwalten und kritisch reflektieren können.
Die Initiative steht nicht isoliert. Sie reagiert auf Empfehlungen des Rates zur digitalen Bildung, ist eingebettet in den Digital Education Action Plan der EU und ergänzt bestehende Kompetenzmodelle wie DigComp 2.2. Gleichzeitig ist sie ein Vorbote kommender Entwicklungen. Ein deutliches Zeichen, dass dieses Thema bildungspolitisch ernst genommen wird.
Das Framework gliedert KI-Kompetenz in vier zentrale Bereiche:
Umgang mit KI: KI-Ergebnisse verstehen, einordnen und bewerten.
Gestalten mit KI: Kreative Zusammenarbeit mit KI in Projekten und Prozessen.
Verwalten von KI: Bewusste Entscheidung, wann KI sinnvoll ist und wann nicht.
Entwerfen von KI: Verstehen, wie KI-Systeme gebaut werden und wie sie wirken.
Diese Kategorien bilden einen klaren Lernpfad, vom Anwenden über das Mitgestalten bis zur aktiven Mitverantwortung bei der Entwicklung von KI-Systemen. Auch ohne spezielle Tools lassen sich viele Inhalte, etwa zu Vorurteilen in Algorithmen oder der Frage „Was darf KI entscheiden?“, im Unterricht umsetzen.
Chancen, Herausforderungen und Verantwortung
Das Framework benennt klare Chancen wie bessere Orientierung in einer KI-geprägten Welt, fundiertere Entscheidungen und neue Lernformen. Gleichzeitig weist es auf Risiken wie Fehlinformationen, Ethikfragen, Umweltbelastung und die Gefahr wachsender Ungleichheit, wenn nicht alle Kinder die gleichen Zugänge zu Wissen und Technik haben hin.
Ein zentrales Problem ist die unzureichende Vorbereitung vieler Lehrkräfte. Nur 44 Prozent der Jugendlichen glauben, dass ihre Lehrer:innen fit für KI sind. Damit wird klar, dass die KI-Kompetenzlücke nicht nur ein Schülerproblem ist, sondern systemisches angegangen werden muss.
Lehrkräfte als Schlüssel zum Wandel
Der Entwurf fordert nicht nur neue Lerninhalte, sondern auch ein Umdenken in der Lehrer:innenbildung. Pädagoginnen und Pädagogen müssen selbst KI-Kompetenz aufbauen und gleichzeitig lernen, wie sie dieses Wissen altersgerecht, fächerübergreifend und verantwortungsvoll weitergeben. Dazu braucht es praxisnahe Fortbildungen, langfristige Unterstützung und ein klares politisches Bekenntnis zur Transformation des Unterrichts.
Noch ist der AILit Framework ein Entwurf. Rückmeldungen von Lehrkräften, Bildungsexpert:innen und politischen Akteur:innen sind ausdrücklich erwünscht Die finale Version wird 2026 erwartet. Schon jetzt zeigt sich, der Rahmen ist mehr als ein theoretisches Papier. Er ist ein Weckruf, Bildung im KI-Zeitalter neu zu denken.
Die Welt verändert sich und die Schule muss mitziehen. KI-Kompetenz darf kein optionales Extra sein, sondern muss zum festen Bestandteil moderner Allgemeinbildung werden. Der AILit Framework liefert dafür das erste umfassende, international abgestimmte Modell. Jetzt liegt es an Lehrer:innen, Schulen, Bildungspolitik und Gesellschaft, diesen Rahmen mit Leben zu füllen.
Denn eines ist klar: Die Zukunft kommt nicht – sie ist schon da.