ChatGPT in der Bildung: Die Rolle der Lehrpersonen im Fokus

KI in der Bildung – Mehr als nur ein Tool
Seit der Einführung von ChatGPT durch OpenAI sind die Meinungen über den Einsatz von KI im Bildungsbereich gespalten. Während einige das Tool als revolutionäre Lernhilfe feiern, warnen andere vor dem Verlust von Kreativität und Eigenständigkeit. Doch was sagt die Wissenschaft?
Eine aktuelle Meta-Analyse von Wang & Fan (2025), veröffentlicht in Humanities and Social Sciences Communications (Nature), bringt Licht ins Dunkel. Die Studie untersuchte 51 Forschungsarbeiten weltweit und fasst die Erkenntnisse zur Wirksamkeit von ChatGPT in den Bereichen Lernleistung, Lernwahrnehmung und höheres Denken zusammen. Dabei zeigt sich: Der Einsatz von ChatGPT kann deutliche Lernfortschritte fördern – aber nur, wenn Lehrpersonen aktiv in den Einsatz integriert werden.
Die Erkenntnisse im Überblick: Was funktioniert – und was nicht?
Die Meta-Analyse zeigt differenzierte Ergebnisse:
Lernleistung (g = 0.867): Der größte Effekt wurde bei der Lernleistung festgestellt. Besonders im problemorientierten Lernen und über einen Zeitraum von 4-8 Wochen zeigte sich ChatGPT als wirksames Tool zur Unterstützung von Lernprozessen.
Lernwahrnehmung (g = 0.456): Lernende erleben sich als motivierter und selbstbestimmter, je länger sie mit ChatGPT arbeiten. Ein positiver Effekt zeigte sich insbesondere, wenn ChatGPT als strukturierender Lernbegleiter und nicht nur als Antwortmaschine eingesetzt wurde.
Höheres Denken (g = 0.457): Fähigkeiten wie kritisches Denken und Reflexion profitieren besonders dann, wenn ChatGPT gezielt zur Unterstützung von projekt- oder problemorientierten Aufgaben verwendet wird.
Die Rolle der Lehrpersonen: Didaktik bleibt der Schlüssel
Die Studienautoren betonen, dass die Lehrkraft eine zentrale Rolle beim Einsatz von KI-Tools spielt. ChatGPT kann die Lernleistung nur dann effektiv fördern, wenn Lehrpersonen aktiv in die Gestaltung und Steuerung des Lernprozesses eingebunden sind. Die Meta-Analyse hebt fünf zentrale Empfehlungen hervor:
Didaktische Rahmung: Der Einsatz von ChatGPT muss in ein didaktisches Konzept eingebettet sein – etwa durch den Einsatz von Bloom’s Taxonomie, um höheres Denken gezielt zu fördern.
Scaffolding und Anleitung: ChatGPT sollte nicht isoliert, sondern als intelligenter Tutor verwendet werden, der gezielte Fragen stellt, Feedback gibt und zur Reflexion anregt.
Langfristiger Einsatz: Kurzfristige Einsätze von weniger als einer Woche zeigen kaum Effekt. Empfohlen wird ein Einsatz über 4-8 Wochen, um nachhaltige Lernerfolge zu erzielen.
Problem- und Projektlernen: Problemorientierte Lernszenarien eignen sich besonders gut für den Einsatz von ChatGPT. Dabei sollte die KI als strukturierender Partner agieren, der hilft, Lernprobleme zu erkennen und Lösungsstrategien zu entwickeln.
Kontrolle und Reflexion: ChatGPT darf nicht als Ersatz für Lehrpersonen missverstanden werden. Lehrkräfte bleiben die zentralen Akteure, die den Einsatz der KI moderieren, Ergebnisse reflektieren und kritische Rückfragen stellen.
Risiken und Herausforderungen: Abhängigkeit und Fehlinformationen
Übermäßige Abhängigkeit: Wenn ChatGPT als alleinige Informationsquelle genutzt wird, kann dies die Eigenständigkeit der Lernenden beeinträchtigen und zu einer unkritischen Übernahme von Informationen führen.
Fehlende Kontextualisierung: ChatGPT liefert zwar schnelle Antworten, doch diese sind nicht immer korrekt oder pädagogisch sinnvoll aufbereitet. Hier bleibt die Lehrperson gefragt, um Inhalte zu überprüfen und einzuordnen.
KI als Lernbegleiter – aber nicht als Ersatz
Die Meta-Analyse zeigt, dass ChatGPT das Lernen tatsächlich fördern kann – vorausgesetzt, Lehrpersonen gestalten und steuern den Einsatz aktiv. Nur so lässt sich das volle Potenzial ausschöpfen, um kritisches Denken, Reflexion und Problemlösungsfähigkeiten zu stärken.
Die vollständige Studie kann HIER eingesehen werden:
Wang, J. & Fan, W. (2025). The effect of ChatGPT on students’ learning performance, learning perception, and higher-order thinking: insights from a meta-analysis. Humanities and Social Sciences Communications, 12, Article 621.